3.4.5.4. Die dritte diskursive Strategie der Techno-Kultur:
            Experten-Diskurse

Wenngleich die drei untersuchten Rezensionen von ein und derselben Platte kaum übereinstimmende Aussagen und stilistische Parallelen aufweisen, können die Diskurse doch hinsichtlich ihrer strategischen Verfaßtheit einheitlich bestimmt werden. Wie gezeigt, impliziert jeder der drei Rezensionstexte bestimmte Vorkenntnisse, ohne die kaum ein Text-Verständnis entwickelt werden kann.
Der diesbezügliche Komplexitätsgrad übertrifft dabei noch weit die Ergebnisse der Inhaltsanalyse von "Der Partysan". Dort konnten die vorausgesetzten Kenntnisse anhand der drei Kriterien des Namedroppings, der Fachbegriffe und der Verwendung eines techno-spezifischen Alltags-Slangs beschrieben werden.
Eine vergleichbare Situation findet sich nun auch im vorliegenden Fall. Denn in der Rubrik der Plattenbesprechungen tauchen diese diskursiven Praktiken nun komplett wieder auf. Dabei ergibt sich jedoch unzweifelhaft eine wesentlich größere Bedeutung des Aspekts der techno-spezifischen Fachworte.

Um aus den Rezensionstexten auf die besprochene Musik schließen zu können, also die Decodierung dieser Texte durchzuführen, muß ein ganzer Fundus existierender Begriffe und Kategorien gewußt werden. Ohne zumindest partielle Kenntnisse dieses begrifflichen Katalogs sind die betreffenden Texte schlicht und einfach nicht verstehbar. Ihr Informationsgehalt liegt für den nichteingeweihten Leser bei Null. Diese Diskurse können daher als Experten-Diskurse bezeichnet werden. Es handelt sich um Diskurse, die nur von Experten decodiert und verstanden werden können. Als solche Experten weisen sie damit im Umkehrschluß auch ihre Verfasser aus. Das Expertentum konstituiert sich dabei primär durch das Wissen eines bestimmten Schatzes an Fachworten und begrifflichen Konstruktionen, die zusammengenommen eine Art von Code ergeben, in dem sich unter jenen Experten über Musik verständigt wird. Dabei handelt es sich um einen hochgradig spezifischen und spezialisierten Code, dessen Begriffe kaum aus anderen Diskursen bekannt sind.

Ein vergleichbares Ergebnis ergibt sich auch, wenn man sich die in vier der fünf Zeitschriften ausführlich enthaltene Berichterstattung über neue Technologien zur Produktion von Techno-Musik anschaut. Hier werden in der Regel neue Produkte - von diesbezüglichen Computerprogrammen bis zu Plattenspielern - vorgestellt. Auch die dort verwendete Sprache kann als komplexer Expertendiskurs bezeichnet werden, der zudem mit Mustern versetzt ist, die der diskursiven Strategie der Werbungssprache zugeordnet werden können. Das Expertentum ähnelt jedoch sehr dem, das man aus Hifi-Zeitschriften kennt. Zwar tauchen auch hier bisweilen techno-spezifische Fachbegriffe auf, doch überwiegt deutlich der Anteil eines allgemeinen Diskurses über moderne Unterhaltungselektronik.