IvI bleibt! - bis auf Weiteres

 

Am 3. Dezember 2003 wurde das Institut für vergleichende Irrelevanz (ivi) im Kettenhofweg 130 eröffnet. Die Nutzbarmachung des seit 2001 leerstehenden Universitätsgebäudes, in dem ehemals das Institut für England- und Amerikastudien beheimatet war, war auf einer im Rahmen des Unistreiks einberufenen Vollversammlung der Studierenden der Johann Wolfgang Goethe-Universität beschlossen und sofort umgesetzt worden. Die Student_innen reagierten damit auf die massiven Missstände im Bildungs- und Sozialbereich im Zusammenhang mit der damals von der CDU-Landesregierung geplanten und umgesetzten »Operation sichere Zukunft«. Außerdem richtete sich die Kritik gegen die ablehnend-autoritäre Haltung der Universitätsleitung gegenüber kritischen Wissenschaften, die in den Lehrplänen der »wettbewerbsförmigen Dienstleistungsuniversität« keinen Platz mehr fanden. Genau diesen sollte im Institut für vergleichende Irrelevanz neuer Raum geboten werden. Damit wurde ein Raum eröffnet, der Studierenden, Lehrenden und allen Interessierten die Möglichkeit bot, unabhängig vom regulären Hochschulbetrieb eigene Veranstaltungen zu machen. Es war auch ein Versuch, die Forderungen des studentischen Streiks nach einem freien und selbstbestimmten Studium, nach freiem Zugang zur Bildung, konkret zu machen.

 

Seitdem sind diverse Gruppen und Initiativen im Haus aktiv, die ein vielfältiges kulturelles und politisches Programm anbieten. Zahlreiche Vorträge, Konzerte, Film- und Theatervorführungen, Ausstellungen und Diskussionsveranstaltungen, ziehen seitdem Interessierte aus dem Rhein-Main-Gebiet und darüber hinaus an. Lese- und Arbeitsgruppen zu wissenschaftlichen, kulturellen und politischen Themen arbeiten kontinuierlich in den Räumlichkeiten des Instituts.

  Das ivi ist somit sowohl ein sozialer Treffpunkt als auch ein Ort, an dem Reflexion und Selbstverständigung darüber stattfinden kann, wogegen sich Proteste richten, ein Ort der Theorie über gesellschaftliche Verhältnisse und einer, an dem kritische Wissenschaften betrieben werden.

  In diesen zwei Jahren wurden nicht nur regelmäßige oder temporäre Veranstaltungen eingerichtet. Das Haus wurde – nach bestem Bemühen und besten Möglichkeiten – instand gesetzt und instand gehalten. Immer wieder gab und gibt es Neuerungen, Verbesserungen, Investitionen und Anschaffungen u. ä. So hat sich das ivi mittlerweile einen Namen gemacht und wird von vielen verschiedenen Gruppen und Personen genutzt; gibt es doch in Frankfurt nicht viele, auch nur annähernd vergleichbare Räume/Orte.

 

Das Institut konnte in einvernehmlicher Absprache mit dem damaligen Kanzler der Universität, Wolfgang Busch, seine Arbeit bis heute fortsetzen. Wenn es aber nach der Universitätsleitung geht, wird damit nun bald Schluss sein. Schon im September 2005 wurde die Liegenschaft, die als Bau des berühmten Architekten Ferdinand Kramer unter Denkmalschutz steht, in der Frankfurter Rundschau zum Verkauf angeboten. Am Mittwoch, den 1. März 2006, wurde in einem Verhandlungsgespräch der Delegation des Instituts zugesichert, dass die angedrohte Räumung ausgesetzt werde und die Arbeit bis zum Vorlesungsende des Sommersemesters 2006 in den Räumlichkeiten des Kettenhofweg 130 fortgesetzt werden könne. Allerdings wurde gleichzeitig deutlich gemacht, dass die Universität nach dem Verkauf des Gebäudes, an dem weiterhin festgehalten wird, keine alternative Räumlichkeit zur Verfügung stellen will. Dies bedeutet demnach nur eine zeitliche Verschiebung des Problems. Eine langfristige Planungssicherheit für das ivi bietet diese Entscheidung weiterhin nicht. Da die Universität im Besitz vieler leerstehender und ungenutzter Gebäude ist, kann sie weiterhin nur als eine politische Entscheidung gegen die mittlerweile in der studentischen Kultur und weit darüber hinaus fest verankerte Institution verstanden werden.

 

Die Hauptforderung – der dauerhafte Fortbestand des Instituts in angemessenen Räumlichkeiten – wurde daher bisher nicht erfüllt, sondern nur temporär vertagt. Gerade angesichts des großen Unterstützer_innenkreises aus Wissenschaft, Forschung und Kultur weit über Frankfurt hinaus wird das Institut für vergleichende Irrelevanz den Kampf um ein adäquates Ersatzobjekt nicht aufgeben. Denn der Kampf um das ivi kann nur politisch entschieden werden.

 

Rosalie Schnecke

 

Falls ihr als Initiative/Projekt/Gruppe oder Einzelperson mit eurer Unterzeichnung das ivi unterstützen wollt, schickt eine mail mit den Angaben Name/Projekt und Stadt an: kette130[at]gmx.net.

 

Weitere Infos unter: www.irrelevanz.tk