» Hey, Sie ! « -
»Hey,
Sie da!« sagt’s von hinten. Sich angesprochen fühlen. Also rumdrehen. Die rote
Karte vor der Nase. Platzverweis. Man ist ertappt – blamiert – raus. 15,–
20,–
40,– 150,– Euro. Wegen der unsachgemäßen Behandlung von Wertstoffen. Wegen der
KippeDosePommes. Ermahnungen anhören. Besserung gelobigen. Sich hinter dir
Ohren schreiben, dass eine schöne Stadt eine ordentliche Stadt ist. Eine Stadt
sittlicher Bürger, ohne JunkiesPennerNichtsnutzeKippenDosenPommes. Eine Stadt
des Vorhersehbaren, des gestriegelten Rasen, aufgeräumter Gesichter und
blitzeblanker Kundenräume.
»Hey,
sehen Sie!« sagt’s vom Plakat. Sagt die
Stadt,
der grüne Sauberkeitsbeauftragte, die Ge-
wählten.
Wir tun was, allesamt, weil wir wissen, was sich gehört. Weil wir die Probleme
der Stadt und auch die Sorgen des kleinenMannesBankersKonsumenten kennen und zu
lenken wissen. Schluss mit pädagogischer Aufklärung. Strafe und PR bzw. Strafe
als PR müssen sein. Und die ganze Stadt mit Plakaten zugeschissen. Eine
Demonstration plakativ-repressiver Bürgernähe.
»Hey,
sehen Sie die da!« – Wer Zeitung liest, der sieht’s. Das, was die Plakate nicht
zu sagen wagen. Jene, die sich durch KippeDosePommes vergehen, sind jene, deren
Namen mit -ivic enden oder Kringel am C tragen. Kulturkonflikt. Sagen die
Zeitungen. Und ein Nachbarskonflikt. In Höchst sind 20 000 Rote Karte
»vergriffen«. Um sie Kollegen und Nachbarn in die Hand zu drücken. Ich bin
stolz, ein Denunziant zu sein.
»Hey,
ich da!« – Die Hey, Sie - Ordnungsmacht im eigenen Kopf. Wohin bloß mit der
Kippe? Schaut der zeitungsbekannte dicke kleine Bulle, Feldkommisar Ackermann,
um’s Eck oder durch die Kamera? Verdammt noch mal, ich brauche einen
Taschenaschenbecher. Oder doch lieber beiläufig subversiv sein. Fragen im neuen
Frankfurter Alltag.
Und
solange all das so ist, so lange bleibt Müll funky. Da gibt es kein Pardon.
Innenstadtgruppe
FFM_02
+++++++
Den Nazis auf die Pelle rücken ( Part Zwei ) -
Letzte
Informationen zum Nazi-Aufmarsch am 1. Mai und zum Stand der Mobilisierung gibt
es am 29. April um 20.00 Uhr im Exzesss, Leipziger Straße 91, Frankfurt / M.
++++++
» Ausgerastert « -
6
000 Studierende sind in Hessen in das Netz der Rasterfahndung geraten –
rechtswidrig, wie das Urteil des Frankfurter Oberlandesgericht vom 21. 02. 2002
feststellt. Zunächst weist es darauf hin, dass die Studierenden durch die
Rasterfahndung in ihrem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2
I iVm. Art. 1 I GG) verletzt werden. Der Einzelne hat das Recht, grundsätzlich
selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche
Lebenssachverhalte offenbart werden. An einen Grundrechtseingriff werden daher
hohe Anforderungen gestellt. Das Hessische Polizeirecht verlangt deswegen eine
richterliche Anordnung des »Datenabgleichs« und das Vorliegen einer
»gegenwärtigen
Gefahr«
für hohe Rechtsgüter (§ 26 I + IV HSOG). Dies ist die höchste Steigerungsform
des ausdifferenzierten rechtlichen Gefahrenbegriffs, die erst dann vorliegt,
»wenn die Einwirkung des schädigenden Ereignisses bereits begonnen hat oder unmittelbar
oder in allernächster Zeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit
bevorsteht« (OLG). Somit reicht weder die bloße Möglichkeit terroristischer
Anschläge noch eine angebliche »Dauergefahr«. An einer solchen gegenwärtigen
Gefahr fehlt es aber gerade. Die Bundesregierung hatte selbst unmittelbar nach
den Anschlägen erklärt, dass es »zur Zeit keinen Anlass zur Besorgnis gibt«.
Daneben
signalisiert das Gericht außerdem, dass selbst bei Vorliegen einer solchen
Gefahr die Maßnahme rechtswidrig wäre, da an der Verhältnismäßigkeit
»erhebliche Zweifel« bestünden: sie ist ein Massengrundrechtseingriff, der ohne
konkrete Anhaltspunkte viele sog. »Nichtstörer« ins Visier
nimmt,
obwohl andererseits die praktische Bedeutung »gering« ist. Entgegen dem herrschenden
Eindruck in der Öffentlichkeit ist die Rasterfahndung tatsächlich ein Flop.
(Natürlich ist sie für eine rassistische Kriminalisierung und Normalisierung
ein weitaus geeigneteres Mittel.)
Selbst zu RAF-Zeiten gab es lediglich einen »Fahndungserfolg« (ak v. 25.
10. 2001).
Die
Hessische Rasterfahndung war also offensichtlich rechtswidrig. Der Unipräsident
Rudolf Steinberg allerdings – Jurist mit Schwerpunkt auf dem Öffentlichen Recht
– sah nicht die geringste »Veranlassung, Daten zurückzuhalten« (FR v. 29. 09.
01). Somit lieferte er bedenkenlos die Daten von 500 Studierenden an das LKA
weiter. Es fragt sich, ob er den »Aufgaben des Amtes« gewachsen ist, wie dies §
42 I, S. 1 des Hessischen HSchG verlangt.
Aber auch die hessische Regierung, die Ende April sowohl die
»gegenwärtige« Gefahr als auch
die
richterliche Genehmigung gleich ganz aus dem Polizeigesetz streichen will, um
die Rasterfahndung nach dem Urteil fortführen zu können, scheint die
OLG-Entscheidung nicht gelesen zu haben. Ein solches Gesetz entspräche schon
gar nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen einer Einschränkung der
informationellen Selbstbestimmung (so auch der Datenschutzbeauftragte
Zezschwitz). Auch hiergegen lohnt es sich zu klagen.
Sonja
Buckel
+++++++
Ein Jahr Uni im IG-Farben Haus
Das
Sommersemester 2001 war das erste Semester für die Kultur-, Sprach-, und
Geisteswissenschaften im IG Farben Gebäude. Ein Jahr danach zeigt sich, was
sich durch den Umzug der traditionell eher linken Fachbereiche jenseits der Adresse
änderte: der Uni-Alltag ist vollends mit Gegenwart beschäftigt und die
Gegenwart mit der Zukunft (der individuellen Lohnarbeit). Die Geschichte des
Gebäudes wird immer mehr zurückgedrängt.
Zur
Erinnerung: Hier hatte der IG Farben Konzern, deren Tochterfirma u. a. das Gas
herstellte, mit dem in den Konzentrationslagern Millionen von Menschen vergast
wurden, seinen Hauptsitz. Im Oktober 2001 wurde mit der offiziellen Eröffnung
die Debatte um das Gedenken der Opfer der IG Farben
beendet:
Die Ausstellung ist installiert und der Gedenkstein eingelassen. Den Opfern hat
man nun genug gedacht und endlich kann man sich dem schnellen und
zukunftsfähigen Studium widmen. Mit bewältigter Vergangenheit studiert es sich
auch gleich viel angenehmer.
Disziplinierende
Architektur
verstanden,
an dem nach wirtschaftlichen Kriterien studiert werden soll –
output-orientiert, effizient, schnell. Das ist heute nichts Außergewöhnliches,
jedoch gelingt es im IG Farben Gebäude besonders gut ein die-Uni-ist-nur-zum-studieren-da-Klima zu schaffen. Außer Uni gibt es auf dem Campus und drumherum nichts, außer studieren ist hier nichts möglich. Neben den Fachschaftsräumen gibt es keinen festen Raum für studentische Projekte oder Veranstaltungen. Nach 20.00 Uhr kann nur das Gelände betreten, wer von den PförtnerInnen des Sicherheitsdienstes auf das umzäunte Gebiet gelassen wird, Veranstaltungsräume länger als bis 22.00 Uhr zu bekommen ist ein großer bürokratischer Akt, der selbst dann oft nicht von Erfolg gekrönt ist, wenn die Räume frei sind (Dafür werden Räumlichkeiten gerne an Stiftungen oder Vereine vermietet, deren kostüm- oder schlipstragende TeilnehmerInnen einen abgegrenzten Bereich mit Tischdeckchen in der Mensa bekommen). Besonders deutlich zeigte sich das Raumproblem bei der ersten Voll
Es
ist nicht so, dass es keinerlei kritische Veranstaltungen gibt, man bekommt
jedoch schwieriger von ihnen mit. Wie auch, wenn Plakate direkt wieder vom
Sicherheitsdienst abgerissen werden, wenn das Flugblatt-Verteilen in der Mensa
nur mit Genehmigung erlaubt ist – was nicht heißt, dass man sich daran halten
würde – es verhindert aber, dass Politik in den Unialltag selbstverständlich
dazugehört. Linke Politik geht heute zum Großteil davon aus, dass sie Nischen
aus vorigen Zeiten nutzt, verteidigt und von ihnen aus agiert. Vorige Zeiten
linker Politik aber gibt es im neuen Gebäude nicht und somit auch keine Räume,
in denen anders gelehrt, studiert oder gar gelebt wird. Alles muss neu erkämpft
werden, in einem Rahmen, in dem Aushandlungsprozesse eigentlich schon gelaufen
sind.
Sarah
Dellmann
+++++++
It's Steinbergs way -
Einige
Studierende staunten am 26. 03. 02 nicht schlecht, als sie den Turm betraten
und miterleben mussten, wie Mitarbeiter des Studentenwerks das TurmCafé (TuCa),
das selbst von der Telekom als »ein Lichtblick im ansonsten wenig ansprechend
gestalteten Uni-Turm« (Gelbe Seiten, S. 91) gewürdigt wird, abrissen.
Es
war eine gewissenhaft geplante Nacht-und-Nebel Aktion der Uni-Leitung, die es
natürlich nicht für nötig hielt, die BetreiberInnen oder die Fachschaft über
den Abriss des Cafés zu informieren. Gewählt wurde der bequemere Weg und die
NutzerInnen des Turms vor vollendete Tatsachen gestellt. Entsprechend fix war
dann auch die Einrichtung des Cafés demontiert und durch formschöne
Fertigbauteile ersetzt. Als ca. fünf Studierende dagegen verbal protestierten,
wurde einer zuerst tätlich von einem Mitarbeiter des Studentenwerks angegriffen
und keine fünf Minuten später standen dreißig behelmte Polizisten bereit, die
Personalien der umstehenden Studierenden aufzunehmen und das Abrisskommando zu
»schützen«. Den Studierenden wurde zudem noch eine Anzeige wegen
Hausfriedensbruchs angedroht, sollten sie es wagen, sich noch länger in der
Nähe des Geschehens aufzuhalten. Als sich am Nachmittag dann doch mehrere
Menschen einfanden, um sich ein Bild von der Situation zu machen, war der
Studentenwerkskiosk schon fast vollständig aufgebaut.
Eine politische Auseinandersetzung der Uni-Leitung mit den Studierenden findet aber auch sonst n
Die
private Schlägertruppe, mit deren Hilfe das Universitätsgelände seit einigen
Semestern von Obdachlosen freigehalten wird, reicht scheinbar nicht mehr aus.
Dem Sicherheits- und Sauberkeitswahn sind keine Grenzen gesetzt, alles was der
Vorstellung von Uni-Präsident Steinberg, Kanzler Busch und ihren Lakaien
zuwider ist, muss weg – mit allen Mitteln.
Mit dem TurmCafé, dem letzten selbstverwalteten Raum an der Universität, trifft es diesmal ein bes
Vermutlich
gewährt ein Kiosk im bekannt muffigen uni-style am zuverlässigsten, dass die
»Studis« nach einer Pause schnell wieder in ihr Seminar und nicht auf »dumme«
Gedanken kommen. Die Sterilität der Räume ist letztlich nur räumlicher Ausdruck
für die stromlinienförmige Zurichtung der Studierenden zu standortgerechten
Modulen.
• Die Räumung ist nicht hinnehmbar !
• Für die Widereröffnung des TuCa !
• Für die bedingungslose sofortige
Herausgabe aller beschlagnahmten Sachen und Einrichtungsgegenstände !
• Für die Erkämpfung selbstverwalteter
Räume – jetzt erst Recht !
TuCa lebt !
+++++++
Übergriff bei
Am
Abend des 15. März fand in Frankfurt eine Veranstaltung der Gruppe »Linksruck«
statt, bei der es zu einer Schlägerei kam.
Der
Linksruck hatte für diesen Abend zu einer Veranstaltung gegen Israel geladen.
Der Titel war immerhin nicht allzu plakativ, was vielleicht auch einer der
Gründe für den relativ schwachen Besuch war. »Israel und der palästinensische
Widerstand: Gibt es eine Lösung?« So stand es auf unzähligen Plakaten (nicht
nur) rund um den Frankfurter Uni-Campus. Auf dem Podium saßen ein Vertreter der
Frankfurter PDS, ein Sprecher der Palästinensischen Gemeinde Frankfurt, der
Vorsitzende der Deutsch-
Palästinensischen
Gesellschaft und ein führendes Mitglied des Linksruck.
Da
uns, VertreterInnen diverser Gruppen aus dem Rhein-Main-Gebiet, die zutiefst
antiisraelische und antisemitische Grundhaltung des Linksruck bekannt ist, die
immer mit einer geradezu lächerlichen Verherrlichung der »Völker« einhergeht
(auch das deutsche »Volk« bestehe vor allem aus »Millionen von
Widerstandskämpfern« heißt es in einem LiRu-Text über den Nationalsozialismus),
hatten wir beschlossen, die Veranstaltung zwar nicht zu sprengen, aber immerhin
unsere Kritik deutlich zu machen. Deshalb hatten wir uns an der Treppe zum
Versammlungsort platziert und verteilten dort unsere Flugblätter mit Texten von
sinistra: »Antizionismus und Antisemitismus«:
www.copyriot.com/sinistra/magazine/09.pdf) und Jean Améry: »Der ehrbare
Antisemitismus« (http://germany.indymedia.org/2002/02/16467.html).
UnterzeichnerInnen des Flugblatts waren: sinis-tra! radikale linke,
Feministisch-Autonome Unifrauen, Les Croquembouches, Antideutsche Gruppe Mainz
/ Wiesbaden, Antifa-Referat des AStA der Uni Frankfurt, AK Kritische Theorie FH
Frankfurt und die Anti-Antisemitismusgruppe R / M.
Bis
zu diesem Zeitpunkt hatten sich die VertreterInnen des Linksruck friedlich
verhalten, wollten wohl ihren Pluralismus demonstrieren, boten uns sogar an, im
Saal mitzudiskutieren. Wir hatten dazu aber keine Lust. Nachdem nun die
Veranstaltung begonnen hatte und die Tür zum Saal geschlossen worden war,
hörten wir schon nach sehr kurzer Zeit von drinnen Geschrei und Getrampel. Es
hatten nämlich einige von uns drinnen ein Transparent mit dem Slogan
»Solidarität mit Israel!« aufgerollt. Die Veranstaltungsleiterin versuchte
noch, so etwas wie eine Kanalisierung des Protests, indem sie uns aufforderte,
an der Debatte teilzunehmen. Abgesehen davon, dass das nicht in unserer Absicht
lag, hätte
dazu
auch keine Möglichkeit bestanden, denn schnell stürzten sich aus einer tobenden
Menge von zwanzig bis dreißig Personen heraus zwei (mutmaßliche) Mitglieder der
Pali-Gemeinde gemeinsam mit einem Linksruckler (den wir kennen und genau
gesehen haben, hinterher wollten die Linksruckis es nicht gewesen sein!) auf
die drei Personen mit dem Transparent, entrissen es ihnen und schlugen mit
unvermittelter und durch nichts als dieses Transparent provozierter Gewalt auf
sie ein. Dabei ging ein Genosse zu Boden, nachdem er zwei kräftige Schläge ins
Gesicht abbekommen hatte und wurde – am Boden liegend – von dem oben schon erwähnten
Mann mehrfach getreten, eine unserer Genossinnen wurde ebenfalls geschlagen.
Zum Glück wurden die Schläger von ihren Freunden einigermaßen gebändigt,
weshalb die angegriffenen nach einigem Geschrei den Saal verlassen konnten.
Unser Genosse hat nun ein blaues Auge,
Schmerzen im
Kiefergelenk
und blutende Schürf- und Kratzwunden auf der Brust unterhalb des Halses
davongetragen. Trotz mehrfacher Aufforderung, die Veranstaltung wegen der
Gewalttätigkeiten aufzulösen oder zumindest die Schlägertypen rauszuschmeißen,
wurde die Veranstaltung völlig normal abgewickelt und der Vorfall im Saal nicht
weiter thematisiert.
Dies
bedeutet für uns eine offenkundige Solidarisierung der kadermäßig
strukturierten Politsekte Linksruck mit den Schlägern und wir gehen davon aus,
dass mittlerweile bereits die Bekundung einer Solidarität mit Israel für diese
Leute ausreichend ist, Gewalt anzuwenden. Natürlich wurden wir als »Nazis«,
»Faschisten« und »Zionistenschweine« beschimpft, während sich drinnen die
Soli-Gemeinde mit den antisemitischen Schlägern (zumindest stillschweigend)
solidarisierte. Womöglich ist es auch Ausdruck eines letztlich rassistischen
Multikulti-Konsenses, dass man Vertretern eines »unterdrückten Volkes« kleine
Gewaltausbrüche einfach durchgehen lässt oder sie schlicht für berechtigt hält.
Das ist aber natürlich nur Spekulation, schließlich hatten wir keine Lust mehr
auf eine Debatte mit derartigen Leuten.
Wie
wir nachher noch von einer Person erfahren durften, die das zweifelhafte
Vergnügen hatte, dem Fortgang der Veranstaltung im Inneren des Saales weiter
beiwohnen zu dürfen, kam es erwartungsgemäß zu heftigen antisemitischen
Ausfällen: Der Linksruck-Vordenker Volkhard Mosler sprach auf dem Podium, den
unsäglichen Topos von »Auschwitz als Besserungsanstalt« bemühend, davon, dass
die »Lehre« [!] aus dem Holocaust die Bekämpfung des Rassismus [!] sein müsse
und dass, wenn einstige Opfer nun selbst Faschisten geworden seien, diese
»Lehre« doch auch und gerade für Israel gelten müsse. Als im Fortgang der »Diskussion«
ein dezidiert propalästinensischer Zuhörer zu bemerken
wagte,
er habe zwar Verständnis für die Aktionen militanter Palästinenser im
Westjordanland, könne aber Splitterbombenanschläge gegen israelische Zivilisten
nicht gutheißen, kam es zu tumultartigen Szenen und der Diskutant wurde
niedergebrüllt. Dass in einer derartigen Stimmung dann auch mit der
völkisch-rassistischen These »Araber sind doch schließlich auch Semiten« der
Antisemitismusvorwurf gegen Israel zu wenden versucht wurde, vermag da kaum
noch zu verwundern. Den »Höhepunkt« der Veranstaltung bildete dann aber die von
einigen ans Mikrofon getretenen Besuchern expressis verbis vorgetragene
Leugnung von Auschwitz: »Der Holocaust wurde 1948 von den Amerikanern erfunden«,
hieß es. Auch das für Linksruck selbstverständlich kein Grund, die ekelhafte
Veranstaltung aufzulösen.
Solidaität
mit Israel !
Les
Croquembouches &
Gruppe Morgenthau
++++++
Crossover Summer Camp
3.
- 11. August 2002, bei Berlin
Wir
gehen davon aus, dass sämtliche Macht- und Herrschaftsverhältnisse aufs engste
miteinander verzahnt sind. Deshalb machen wir u. a. Nation, Patriarchat,
Kapitalismus, Heterosexismus, Antisemitismus und Rassismus in ihren
Verschränkungen zum Thema.
Es
geht uns dabei darum, neue Widerstandsperspektiven zu eröffnen.
Das
Programm für das Camp umfasst politische Aktionen, Performances, Diskussionen,
Theorieworkshops, Küchenarbeit, Tanzen, Musik, Aufräumen und noch viel mehr.
Ziel
des Ganzen ist, Leute aus unterschiedlichen politischen Richtungen
zusammenzubringen, ...
Schnittstellen
zu finden, neue Bündnisse zu schaffen, an Interventionsformen zu arbeiten und
damit neue Impulse für eine radikale, emanzipatorische, libertaere, linke,
antirassistische, feministische ... politische Praxis zu geben.
Wir
suchen noch UnterstützerInnen und MitstreiterInnen. Ihr seid herzlich
eingeladen!
Die
OrganisatorInnen
summercamp@squat.net
www.summercamp.squat.net
summer
camp c / o A6-Laden,
Adalbertstrasse
6, 10999 Berlin
[siehe
auch diskus 1.01, S. 45 – 47 und diskus 3.01, Seite 56 – 57]
++++++
Bis ans Ende der Stadt -
Die
Geschichte der Räumungen alternativer Wohnprojekte geht weiter. Nach Auflösung
der M-Barrax, ehemaliges Kasernengelände in Höchst, letztes Jahr, nun ein Brief
vom Gerichtsvollzieher an die Adresse der Rödelheimer: Es droht eine illegale
(!) Zwangsräumung am 12. 04. 02; denn der vorliegende Räumungstitel richtet
sich gegen keineN der derzeitigen BewohnerInnen. Ursache war die Kündigung
jenes mündlichen Vertrages seitens der Stadt, der den BewohnerInnen diesen
Platz als Ersatzgelände für frühere in Aussicht gestellt hatte; der Grund:
einige
übereifrige Bürger in der Nachbarschaft und ein konservativer Ortsbeirat.
Objekte
politischer Willkür.
Machtspielchen.
Hauen und Stechen.
Das
Gelände der alten Ziegelei liegt brach, und dort zwischen Schrebergärten und
Tierfriedhof, könnte man meinen, stört es nicht, wenn Menschen wohnen; aber
kein Grillfest und kein Flohmarkt rotten Feindseligkeiten gegenüber
Andersdenkenden aus.
Engstirnigkeit
Wir
sehen keinen Grund, von der Ziegelei wegzugehen. Auch wenn sie uns bis ans Ende
der Stadt jagen wollen: die Stadt ist rund! Unser Projekt bleibt. So oder so
oder anderswo!
Stadt
beleben.
Die
Bewohnerinnen und Bewohner
++++++
Gewerkschaft heute -
Das
City-West-Areal beim Westbahnhof (Nähe Voltastrasse!) ist eine Spielwiese für
Grundstücksspekulanten und Immobilienanleger – und außerdem ein gutes Beispiel
für die städtische Umstrukturierung, die auf immer noch effizientere Vernutzung
von Flächen und Gebäuden (und Menschen) zielt. Um auf diese Missstände
hinzuweisen, haben Menschen vor einiger Zeit (August 1999) einen Teil dieses
Geländes mit Bauwägen besetzt. Zufälliger Weise gehörte eben jenes besetzte
Stückchen Wiese nun der Grundstücks-Verwaltungs-Gesellschaft der IG-Metall,
kurz IGM / GVG. (Gewerkschaften dürfen keine Gewinne anhäufen und auch nicht
mit Grund-
stücken
spekulieren; deswegen die rechtliche Abwicklung solcher Transaktionen über die
Tochtergesellschaft GVG).
Der
Versuch, ein paar Bauwägen loszuwerden, scheiterte zunächst an der Exekutive,
die keine Gefahr im Verzuge sah und nicht räumen wollte; tatsächlich waren die
BesetzerInnen ruhig und friedlich. Darauf hin wurde eine privatrechtliche Klage
auf über 25 000 Euro Schadensersatz angestrengt, und so gingen sie dann doch
»freiwillig« wieder, stellten aber der GVG noch ein Bein: den
Vergleichsvorschlag, nie wieder ein Grundstück oder Gebäude der IGM / GVG oder
einer ihrer Gesellschaften zu besetzen, nahm man nicht an und ließ es auf eine
Verhandlung ankommen, nicht nur, um der IGM / GVG keine Scherereien zu
ersparen, sondern auch, weil sie nicht einmal bereit war, offen zu legen, was
ihr alles gehört (manche Dinge sollen eben nicht an die Öffentlichkeit
gelangen ...).
In
aller Ruhe sprach kürzlich die Legislative ihr Urteil: die »bösen«
BesetzerInnen sind weder strafrechtlich belangbar noch schadensersatzpflichtig,
müssen aber die Unkosten tragen – Räumungsklage plus ein zu Schanden
geschnitzter Zaun –, macht 650 Euro.
bern
++++++
Expressive, emotional
Die Heilige Johanna der Schlachthöfe
Das
TAT »gab« Brecht. Das sonst als so experimentierfreudig verschriene Off-Theater
versuchte nicht, dessen theatertheoretische Paradigmen in Frage zu stellen,
sondern erfüllte sie. Johanna spielt den Ost-Teenie mit der naiven Sehnsucht
nach Solidarität und Gerechtigkeit, die Fleischfabrikanten werden zu Brokern
und die Heilsarmee zur Pfadfindertruppe, wie schon in so vielen Inszenierungen;
das Geschehen wird historisiert und auf der aktuellen Welt-
bühne verortet. Um die menschliche Natur als »ab
Stolpert nun die Inszenierung brecht-getreu moralisierend und vereinfachend über ihre eigenen guten Absichten, oder schafft sie doch den Sprung zur Parodie und zu rationaler Distanz von der Vor
bern