Transformationen des Städtischen und
die Perspektive der Gouvernementalität

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... am Beispiel einer Fallstudie über die Gropiusstadt und die Gropius Passagen
Ellen Bareis

 

 

 
     
Abstract ende
 

In der Diskussion um die Restrukturierung städtischer Landschaften stehen sich Drohungen und Versprechen gegenüber. Setzen sich ökonomisierte, fragmentierte, kontrollierte und ausschließende soziale Raumkonstruktionen durch? Oder bieten sich im Transformationsprozess vielmehr Chancen für neue Formen von Artikulation, Aneignung, Partizipation oder Vergnügen? Dieser Diskurs von »Gefährdung oder Chance« des Urbanen ist historisch nicht neu. Er zieht sich nicht nur durch die modernen / postmodernen Debatten zwischen Kulturindustrie und Cultural Studies, sondern prägt bereits die gesamte Literatur zu Konsum, Geschlecht und städtischer Öffentlichkeit seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Mit den fragmentarisch gebliebenen Analysen Michel Foucaults zur Gouvernementalität lassen sich sowohl die Diskurse um »Gefährdung oder Chance« wie auch die historischen und aktuellen Transformationen im Verhältnis von öffentlich und privat als Teil der Regierungskunst begreifen.

 

In meinem Beitrag schlage ich zunächst eine räumliche Lesart von Foucaults Überlegungen zum Regieren vor. Die Dispositive der Sicherheit bedienen sich demnach nicht des Raums, sondern sind, so meine These, ohne das historische Auftauchen der »Stadt als Milieu« oder der »Stadt als Problem« nicht zu denken. Bei diesen »Mechanismen des Städtischen« geht es in meiner Analyse weniger um die Frage nach »der Stadt« als vielmehr um jene nach der Räumlichkeit von Gesellschaft – also dem Verhältnis von Macht / Herrschaft, Raum, Geschlecht und Alltag. Dieses Verhältnis manifestiert sich auf der einen Seite historisch in so unterschiedlichen Formen und Dimensionen wie Nationalstaat, Kolonialismus, Zuhause oder Internet. Auf der anderen Seite lassen sich mit diesem Zugang Vorstellungen von der Ideal-Stadt kritisch reflektieren, seien sie »europäisch«, funktional, »gesund«, demokratisch, liberal, unternehmerisch oder integrierend.

 

Die aktuell hegemonialen urbanen Programme und Ideal-Stadt-Vorstellungen lassen sich Nicolas Rose zufolge mit dem Begriff des »Regierens durch Community« analysieren. Andere Untersuchungen aus der Kritischen Kriminologie gehen davon aus, dass gegenwärtig die Fragmentierung und Kontrolle des Raums den disziplinären Modus der Kontrolle der Individuen ablöst oder zumindest ergänzt. Welche Analysemöglichkeiten bieten diese Studien zur Gouvernementalität, die sich auf städtische Gegenstände beziehen und wo liegen ihre Grenzen?

 

Am Beispiel zwei unterschiedlicher Perspektiven auf Konsumraum möchte ich am Ende meines Beitrags zeigen, dass eine Ergänzung der Analysen von Regierungsprogrammen einerseits und der ökonomischen Transformationsprozesse andererseits um einen ein Blick auf die räumlichen Dimensionen von Macht und Herrschaft und die Relevanz von Alltag hilfreich ist. Auf diese Weise ließe sich - in einem weiteren Schritt – nicht nur die Frage stellen, was die Fragmentierungen des postfordistischen Raums für die Subjektivierungsweisen, alltäglichen Praxisformen und für eine kritische politische Praxis bedeuten? Sondern auch die umgekehrte Frage wird relevant: Welchen Anteil haben widerständige, kulturelle und alltägliche Praktiken an der Fragmentierung des städtischen Raums?

 

Begriffe wie Privatisierung und Fragmentierung sind historisch auf die Frage hin zu über prüfen »von was?«. Was sind die räumlichen Formationen, die hier fragmentiert und privatisiert werden und warum? Davon ausgehend, dass sich im Prozess der Privatisierung und Fragmentierung neue oder veränderte Regulationsmodi räumlicher und politischer Herrschaft materialisieren, ist zudem dieser Prozess in seiner Alltäglichkeit und seiner Widersprüchlichkeit zu erfassen. Denn wenn es um den Modus von Herrschaft geht, geht es, wie Alex Demirovic schreibt, immer auch um die Formen des Widerstands, durch die hindurch jene ausgeübt wird.

 
 
  Führe mich sanft …
// Die Kunst, nicht dermaßen regiert zu werden //
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