Anmerkungen zu Sonja Brünzels & Luther Blissett Über Kunstguerilla, Kommunikationsguerilla oder Was von Helmut van der Buchholz Im Handbuch der Kommunikationsguerilla beschäftigen sich die AutorInnen Sonja Brünzels und Luther Blissett vornehmlich über neue Möglichkeiten, Politik zu machen. Diese neuen Formen sind häufig geprägt von kreativer Verspieltheit (im streng positiven Sinne) und zeichnen sich neben ihrer Wirkung auf ein gesellschaftliches Umfeld auch durch ästhetische Qualität aus. In dem Kapitel "Kunstguerilla, Kommunikationsguerilla oder Was?" wird das Verhältnis von Kommunikationsguerilla (fortan KG abgekürzt) und Kunst, Kunsträumen und den Kunstbetrieb beschrieben. Im allgemeinen teile ich (der ich mich dann künftig hvdb abkürze) die zentrale These, dass es Unsinn ist, sich auf diesen Kunstbetrieb einzulassen und gleichzeitig zu glauben, man mache immer noch KG. Dennoch erlaube ich mir einige Anmerkungen zu dem Text, da die PolitikaktivistInnen Sonja und Luther manches zu arg eng in ein Schwarzweiß-Schema gepresst haben. Ich habe den Text in 13 Abschnitte aufgegliedert, jeweils eine kurze Zusammenfassung erstellt und meinen unmaßgeblichen Kommentar dazu gegeben. 1. KG wendet sehr wohl künstlerische Mittel an. Die Qualität von Kunst beurteilt sie jedoch nicht nach historischen Maßstäben, sondern nach ihrer Brauchbarkeit für politische bzw. gesellschaftliche Subversion. Das bedeutet dann aber durchaus, daß es nützlich ist, sich ein kreatives und handwerkliches Potential anzueignen, um es auch nutzen zu können. Die Maßstäbe der traditionellen Kunstgeschichte über Qualität interessieren uns (damit meine ich jetzt meine lokalen Bezugspersonen an Rhein und Neckar) ohnehin nicht. Kunst wird von uns meistens mit den Attributen "langweilig" oder "interessant" beurteilt, und KG-Aktionen gehören meistens zur zweiten Gruppe. Wenn man gerade Kommunikationsguerillero ist, gilt die oben genannte These selbstredend. Aber wer ist das schon den ganzen Tag? 2. Sogenannte Künstlerkreise entwickeln eher unkonventionelle Aktionsformen als in "politischen Zirkeln", da es hier leichter möglich ist, vorgefertigte Denkschemata hinter sich zu lassen und neue Ideen zu entwickeln. In der Polit-Welt gelten einmal entwickelte Standards oft als feste Dogmen. Das sollte vor allem den "politischen Kreisen" zu denken geben; noch stärker äußert sich diese Unfreiheit des Denkens in Verwaltungen aller Art. Egal ob Behörde, Partei oder selbstverwaltetes Zentrum. Meiner Meinung nach sind auch wir unter diesem Gesichtspunkt von Zeit zu Zeit noch zu "politisch". Unter diesem. In anderen Fällen geht einem kreative Disziplinlosigkeit auch mal auf die Nerven.... 3. Es folgt im Text ein Exkurs zur Situationistischen Internationalen: Das Spektakel der Gesellschaft produziert keine Schauspieler, sondern nur noch Zuschauer und übt hierdurch Kontrolle über sie und ihre Bedürfnisse aus. Soll heißen, ein Subjekt, welches sich mit der Rolle des Zuschauers abgefunden hat, ist durch die freiwillige Übernahme der verordneten Bedürfnisse zum Objekt mutiert. Willkommen bei Foucault & Deleuze, mittendrin in Disziplin & Kontrolle. Aber Kunst könnte ja auch die ZuschauerInnen ermutigen, selbst etwas zu tun. Wenn sie denn gut ist... 4. Langeweile ist immer konterrevolutionär. 5. KG bezieht sich nicht auf die Diskussion über Kunst, sondern
eignet sich Methoden an, die auch innerhalb des Kunst-Kontextes entstanden
sind und wendet sie außerhalb des Kunstbegriffes an. |