In den nun folgenden Kapiteln soll ausführlich die Situation der Sprache in der
Techno-Kultur untersucht werden.
Die Betonung liegt dabei auf der Formulierung 'Situation der Sprache': Gegenstand der
Untersuchung soll nicht das sein, was gesagt wird. Es wird also zunächst weniger darum
gehen, bereits getroffene Aussagen über die Techno-Kultur auf ihre inhaltliche
Richtigkeit hin zu prüfen und zu sammeln. Das Ziel wird ebenfalls nicht darin bestehen,
den Diskurs dieser Kultur in seiner Gesamtheit darzustellen. Es wird keine Kartographie
der Aussagen angelegt, um aus dieser dann einen kohärenten Diskurs zu destillieren. Es
wird auch nicht versucht, einer sprachlosen Kultur, als welche die Techno-Kultur oft
apostophiert wird, eine Sprache zu geben, also quasi für sie zu sprechen, oder, was eine
vergleichbare Herangehensweise darstellt, das reale Sein der Techno-Kultur in Sprache zu
übersetzen, es also zu repräsentieren.
Es geht mir also weder um das Aufdecken bislang verborgen gebliebener Aussagen oder
Inhalte der Techno-Kultur noch um die zusammenfassende Darstellung ihrer expliziten
Aussagen.
Das Thema soll demgegenüber eher darin bestehen, die Frage zu problematisieren, unter
welchen Bedingungen gesprochen wird und wie sich Diskurse organisieren. Dies impliziert
die zentrale Frage nach dem allgemeinen Stellenwert von Sprache und Diskursen in der
untersuchten kulturellen Formation. Hieraus werden sich Klärungen bezüglich des
Verhältnisses der Diskurse zu den Individuen, zu anderen Diskursen, zur Techno-Kultur als
Gesamtphänomen und zu den verwendeten Sprachformen ergeben. Es gilt herauszufinden,
welche Funktion Diskurse in der Techno-Kultur haben und wie sie sich formieren. Es wird
versucht, bestimmte Kriterien allgemeiner Strategien, die die Diskurse (mit-)hervorbringen
und organisieren, freizulegen und benennbar zu machen. Hierbei wird insbesondere das
Verhältnis der untersuchten Diskurse zu Begriffen, diskursiven Funktionsweisen und
Konstruktionsprinzipien unter die Lupe genommen, die sich zunächst unter den dem Label
analytischer, reflexiver und wissenschaftlicher Diskurse zusammenfassen lassen.
Desweiteren wird zu thematisieren sein, in welcher Art und Weise sich das Verhältnis der
Diskurse zur Kategorie der Wahrheit entfaltet.
Unter dem Begriff Techno-Diskurs können zunächst einmal die Allgemeinheit und Gesamtheit
verwendeter und produzierter Aussagen im gewählten Referenzrahmen Techno-Kultur gefasst
werden. Derart definiert ergibt sich dennoch ein schier unendliches Feld an potentiellem
Material.
Um die Analyse vor allzu großer Ausuferung zu bewahren, wird sich daher in diesem Teil
der Arbeit weitgehend auf das Feld der expliziten Aussagen begrenzt. Zwar dient das Modell
der Sprache häufig als allgemeine Blaupause, wie man sich kulturelle Zeichen-Systeme
vorstellt, doch soll die Eingrenzung auf Sprache hier im engen Sinne, also auf das
explizierte gesprochene oder geschriebene Wort hin beschränkt, verstanden werden.
Das der Arbeit zugrundeliegende empirische Material wird sich aus vorliegenden Teile der
Techno-Schriftkultur zusammensetzen. Dies hat vor allem Gründe der Praktikabilität. Um
es mit einer leicht modifizierten Metapher Jean-Francois Lyotards zu sagen: die
Verschriftung von Sprache entspricht ungefähr einer Transformation und Übersetzung
dieser in für den disziplinären Rahmen Wissenschaft kompatible Informationsquantitäten.
(ANM: vgl. Jean-Francois Lyotard, Das postmoderne Wissen S. 23, Wien 1994)
Die gesprochenen Diskurse zwischen den einzelnen verwickelten Individuen wie das Gespräch
zweier Raver auf der Party oder die Worte, die in Plattenläden gewechselt werden; kurz:
die konkreten Alltagsdiskurse im Rahmen Techno-Kultur können daher nur begrenzt
herangezogen werden. Sie liegen kaum in den für diese Arbeit verwertbaren
Informationsquantitäten vor.
Das weitere Vorgehen wird sich nach einer kurzen Erörterung, die klärt, welchen
Stellenwert Sprache in der Musik besitzt und welche ersten Ableitungen hieraus gewonnen
werden können, im Folgenden auf die gestellte Frage nach der Funktionsweise von Sprache
in der Techno-Kultur ausrichten.
In einem ersten Block (Abschnitt 3.3.) werden drei vorliegende Ansätze ausführlich
diskutiert, in denen sich jeweils spezifische Thematisierungen der Frage finden, wie über
die Techno-Kultur gesprochen werden kann.
Im sich anschließenden zweiten Block (Abschnitt 3.4.) werden dann Texte und Publikationen
aus der Techno-Kultur unter Zuhilfenahme von Michel Foucaults Konzept der Diskursanalyse
untersucht und ausgewertet.
Die Ergebnisse der Untersuchungen sollen in Abschnitt 3.5. noch einmal komprimiert
dargestellt werden. Durch Kontextualisierung und Interpretation kann daraufhin der in der
Techno-Kultur vorliegende Diskurstyp beschrieben werden.