Migration im Postfordismus Staatlicher Antifaschimus und neue Regulierung der Arbeit Im nachhinein ist man immer klüger. Vor allem wenn das Gegenüber nicht bekannte und unbekannte Gesichter sind, sondern dein eigener Text. Um eben jenen Duktus der späten Vernunft in der Narration über die Veranstaltung1 zu verhindern, will ich versuchen, die Spannung zwischen Text und Kontext, Haltung und Position, wie sie sich mir aufdrängte, aufzufangen. Aus diesem Grund entscheide ich mich für eine minimale Korrektur-Ergänzung meines Vortrags, da er und seine Form einen eigenen Beitrag zum beredten Schweigen an dem besagten Abend geleistet zu haben scheinen. Unmittelbar nach der Veranstaltung drängte sich mir die Frage auf, warum es inzwischen so dermaßen schwierig ist, über antirassistische Politikstrategien zu reden. Ich muss gestehen, wenn ich an den Abend zurückdenke, habe ich das Bild von starren Gladiatoren der Differenz vor mir inmitten des linken Frankfurter Kolosseums allesamt verstrickt zwischen Publikumsbeschimpfung, fehlplatzierter Dis-tinktion und Kanak-Agitprop-Inszenierung. Die linke Debatte, die sich um eine Einschätzung des neuen staatlichen Antifaschismus bemüht, dreht sich vor allem um einen Punkt: believe or not believe the hype? Angesichts der unerwarteten Mutationsfähigkeit des linken Lieblingshassobjekts Staat und seinen ideologischen Staatsapparaten drückt sich im Wort believe eine gewisse Ratlosigkeit aus, die gewöhnlich in einer Demaskierungsanalytik des Staats-Antifa-Mutanten mit fatalen Effekten endet. So scheint es, als bliebe alles immer beim Alten, abgesehen von ein paar kosmetischen Modifikationen. Mark Terkessidis kann hier exemplarisch für diese analytische Ratlosigkeit zitiert werden: »In der neuen Kampagnenkultur geht es weder um Ursachenbekämpfung noch um durchgreifende Veränderungen, sondern um die permanente Anrufung eines Wir mittels einer gespenstischen Dauermobilisierung. Bereits morgen könnte es im Kampf um das »Ansehen Deutschlands« (Joseph Fischer) also um die schönste Repräsentation eines neuen deutschen Wir wieder opportun erscheinen, rassistische Anschläge wie bisher zu verschweigen. Schon morgen könnten wieder kriminelle Ausländer die Nazis als Generalbedrohung ersetzen.« Das Problem besteht aber darin, dass die aktuelle Antiglatzenkampagne nicht im Kontext einer Abschottungspolitik und offenkundiger rassistischer Diskurse stattfindet, sondern vor dem Hintergrund der gerade entfachten Einwanderungsdebatte. Kriminalisiert werden nicht mehr primär Kanaken und ihr Widerstand; vielmehr üben die Staats-Antifa und ihre anständigen Verbündeten aus der Mitte der Gesellschaft für eine modernisierte Politik rassistischer Stratifikation. Dabei geht es nicht um die Durchsetzung des Staatsmonopols auf Rassismus. Im Gegenteil. Die Durchsetzung des Gewaltmonopols in den bis dato geduldeten Refugien einer braunen Parallelgesellschaft ist ein wichtiges Moment eines Ordnungsdiskurses, der mit dem Modernisierungsprojekt der Berliner Republik korrespondiert. Die Skandalisierung des rechten Terrors als Normenbruch focussiert nicht nur die operative Zielfläche der Staats-Antifa-Antira, sie liefert vielmehr das regulative Legitimationsmuster für die Durchsetzung einer Problembewältigungspolitik, die den traditionellen Antirassismus und Antifaschismus mainstreamisiert. Aus Normalisierung und staatlichem Antirassismus wird eine neue Form rassistischer Herrschaft gemischt. Damit ist die Krise der Krise des Antirassismus die sich schon länger abzeichnet, weil die Existenzweise des Antirassismus selbst die Krise ist endlich offenkundig und die Original-Antifa hat maßgeblich damit zu tun. Verstärkt sie doch den fatalen Effekt der antirassistischen Arbeitsteilung zwischen Antifa, Antira und Flüchtlingspolitik. Der besteht in der Reproduktion der Defensivität des antirassistischen Spektrums durch die Reifikation der für separat erkämpfbar gehaltenen Aktions- und Politikfelder, deren Existenz von den Wirkungseffekten der rassistischen Herrschaft selbst in die Welt gesezt wurde. Es ist kein Zufall, dass sie in den Zeiten der usurpatorischen Staats-Antifa in eine Zuständigkeitskrise gerät, deren Überwindung sie durch eine »Professionalisierung« im Sinne von staatlich subventionierten NGOs und in der verzweifelten Suche nach Bündnispartnern aus dem linksliberalen Spektrum zu suchen scheint. »Also her mit dem Geld, um den gesellschaftlichen Kampf gegen die extreme Rechte so kompetent wie irgend möglich zu führen.« So Alfred Schobert in der Jungle World (37 / 2000). Vassilis Tsianos, Anmerkungen: |
|