Neu: Der Kummerkasten für Studierende"Der Ombudsmann ist ein kleiner Baustein des großen
Projekts Hochschulentwicklungsplan." "Wir erhoffen uns von der Ombudsperson zweierlei:
erstens soll sie Alltagsprobleme von Studierenden angehen und Vorschläge
für Verbesserungen aufnehmen. Zweitens soll die Universität
anhand dieser Fälle lernen und für alle ein Stück besser
werden. Denn oft stecken hinter Einzelfällen strukturelle Probleme." Der Umbau der Uni Frankfurt von einer (zugegebenermaßen stark hierarchisierten) Gruppenuniversität zu einer Dienstleistungshochschule ist in vollem Gange. Das ist nicht neu. Unerwartet ist nur die Unterstützung, die dieses Projekt von Seiten der Studierenden erfährt. So stammt das Konzept der Ombudsperson, die in Zukunft als Ansprechpartner für Studierende dienen soll, vom studentischen Senatsmitglied David Profit (Bündnis 90/Die Grünen Hochschulgruppe). Genauer betrachtet steht dieses Konzept nämlich in einer unheilvollen Allianz mit dem sukzessiven Abbau studentischer Partizipationsmöglichkeiten an der Universität. Die Einführung der Ombudsperson an der Uni Frankfurt wurde am 14. November vom Senat abgesegnet. Mit überschwänglichen Worten feierte zwei Tage später die Unileitung diese Entscheidung in einer Pressemitteilung: Es ist der Frankfurter Universität wieder einmal gelungen "bundesweit Maßstäbe" zu setzen. Gemeinsam verweisen die Grüne Hochschulgruppe und die Unileitung auf das Beispiel der US-amerikanischen Hochschulen, an denen die Institution Ombudsperson' schon seit längerem besteht. Fraglich bleibt dabei, ob mit der Ombuds-Konzeption für die Partizipationsmöglichkeiten der US-Hochschulen geworben werden soll oder doch eher unfreiwillig auf mangelnde Mitbestimmung aufmerksam gemacht wird. Ausgangspunkt für die Beurteilung des Ombuds-Konzeptes muss die derzeitige Situation an der Hochschule sein. Hierzu kann ein kleiner Rückblick auf die Entstehungsbedingungen der bestehenden Hochschulstruktur ganz hilfreich sein. Anfang der 70er Jahre wurde dem gestiegenen Bedarf nach qualifizierten Arbeitskräften mit der Öffnung der Hochschulen begegnet. Begleitet war diese ökonomisch begründete Öffnung von sozialen und demokratischen "Motiven" (Bildung als Grundrecht), die letztlich zur weitgehenden organisatorischen Reformierung der Hochschulen vom Prinzip der Ordinarienherrschaft zur Gruppenhochschule führte. Das Leitbild war eine weitgehend autonome Institution, in der ein Raum geschaffen werden sollte für einen rationalen, herrschaftsfreien Diskurs der am Wissenschaftsprozess beteiligten Subjekte. Als Organisationsprinzip sollte nicht mehr die fachliche Differenzierung der Hochschulmitglieder ausschlaggebend sein, sondern die Gliederung der Hochschule in Mitgliedergruppen (ProfessorInnen, Studierende, wissenschaftliche und technische MitarbeiterInnen), die im paritätisch zusammengesetzten Konvent über die Belange der Hochschule entscheiden sollten. Damit sollte ein handlungsfähiges Gremium geschaffen werden, dass die unterschiedlichen Gruppeninteressen unter möglichst demokratischen Bedingungen aushandelt. Die Realität der Hochschule hat mit diesem nie ganz verwirklichten Ideal der "autonomen Gruppenhochschule in gesellschaftlicher Verantwortung" nicht viel zu tun. Historisch durchgesetzt hat sich Ende der 70er Jahre ein technokratisch-administrativer und professorendominierter Ansatz. Die Gremien der Hochschule sind strukturell dominiert von
ProfessorInnen[1]. Diese Gruppe besitzt in allen Gremien (bis auf den
optionalen Studienausschuss) die absolute Mehrheit an Sitzen. Dementsprechend
düster sieht es aus mit der Durchsetzungsfähigkeit der Interessen
der Studierenden sowie der wissenschaftlichen und technischen MitarbeiterInnen
in der akademischen Selbstverwaltung. Außerhalb der Gremien eröffnet
sich das gleiche Bild. Die Verfügung über die vorhandenen Ressourcen
zugunsten der ProfessorInnen ist omnipräsent. So wird z.B. in Seminaren
auf die unzureichende Zuweisung von Personal- und Sachmittel seitens der
ProfessorInnen zunehmend restriktiv-autoritär reagiert. Fast alltäglich
ist bereits das Losverfahren zur Teilnahme an scheinrelevanten Grundkursen.
Weitere Beispiele sind die Einführung eines Sprachtest in Anglistik/Amerikanistik
und ganz aktuell der Beschluss des Erstsemester-Aufnahmestopps im Fachbereich
Gesellschaftswissenschaften und für Lehramtstudierende für das
Sommersemester. Wie ist nun das Konzept der Ombudsperson in diesem Zusammenhang zu begreifen? Oder anders formuliert: Kratzt es überhaupt an diesen strukturellen Defiziten der Uni? Ein Blick in den Senatsbeschluss vom 14. November kann darüber Aufschluss geben. Die Ombudsperson soll "Ansprechpartner für die Studierende sein, Kritik und Beschwerden von Studierenden aufnehmen und an die zuständigen Mitglieder der Universität weiterleiten, Anregungen zur Verbesserung von Studierenden aufgreifen und an die zuständigen Mitglieder der Universität weiterleiten und aus der Funktion erworbene Erfahrungen und Anregungen in die universitäre Diskussion zur Verbesserung der Lehre einbringen." Erklärtes Ziel des Beschlusses ist zwar die "Verbesserung der Studienbedingungen", doch findet sich von den tatsächlichen Problemen an der Universität kein Wort in dieser Aufgabenbeschreibung der Ombudsperson. Es ist sogar eine Statusverschiebung festzustellen. Zum einen werden die Studierenden dem Uniapparat als Zielgruppe
gegenüber gestellt und nicht als Teil der Uni tragenden Strukturen
definiert. Des weiteren wird durch die Installation der Ombudsperson die
Frage, was gut für Studierenden ist, an einen unabhängigen
Experten' delegiert. Das steht in einem engen Zusammenhang mit der Rhetorik, die u.a. im Perspektiven-Papier und auch im Hochschulentwicklungsplan zum Ausdruck kommt. Beide versuchen das Gesamtinteresse der Hochschule zu konstruieren, was sich nicht aus der Vermittlung verschiedener Einzelinteressen ergibt und sich vom Paradigma demokratischer Entscheidungsprozeduren verabschiedet. Die Interessen von Studierenden werden nicht mehr als hochschulintern wahrgenommen und Interessengegensätze allgemein auf "Kommunikationsprobleme" reduziert, das mit Hilfe ausgefeilter Managementtechniken zu lösen wäre. bad_habit [1] Zwar wurde hier die "-Innen"-Formulierung gewählt, doch angesichts des Frauenanteils von 13 Prozent in dieser Statusgruppe im Allgemeinen und in Gremien im Besonderen handelt es sich um eine politische Entscheidung. Von einer Gleichberechtigung als empirischer Tatsache kann kaum die Rede sein (siehe http://www.uni-frankfurt.de/frauen/gesgrund.html). |
||