Schönen Dank auch!

Im und während des Streiks gab es von den verschiedensten Seiten her immer wieder Versuche, die Proteste der Studierenden sich einzuverleiben bzw. durch recht durchsichtige Umarmungsmanöver den Zielen des Streiks andere Vorzeichen zu verpassen. Als einen solchen Versuch könnte man jenen Vorfall beschreiben, bei dem die Leitung der Frankfurter Börse einigen dort zum Zwecke des Protests aufmarschierten Studierenden quasi als flexible-response-Maßnahme ein paar Computer schenkte und diese Gabe erwartungsgemäß mit dem neoliberalen Sound von Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen unterlegte, was ja auch nicht anders zu erwarten war.

Einigen Studierenden war diese Frechheit Anlaß genug, die Aktion „Schönen Dank auch“ ins Leben zu rufen, bei der die Computer (symbolisch präsent in Gestalt einiger alter Schrottcomputer) in einer feierlichen Zeremonie zurückgegeben wurden. Freilich nachdem sie mittels eines Vorschlaghammers adäquat bearbeitet wurden. Während die Computer unter dem Hammer zerbröselten, trug ein Kommilitone ein wunderschönes „Traktat“ vor, das die Aktion ins rechte Licht rückte.

Wenige Tage später kursierten auf dem Campus Kopien einer Presseerklärung, die, so war den Unterschriften zu entnehmen, vom AStA-Vorstand verfasst war. Aber so recht glauben wollte das niemand. Alle spekulierten nur darüber, wer sich wohl dieses „Fake“ ausgedacht haben könnte, denn ernsthaft könne so etwas doch niemand – auch noch öffentlich – schreiben. Es müsse sich um eine Image-Beschmutzungskampagne handeln. Die Gerüchteküche brodelte. Bald faßten einige den Entschluß, der Sache auf den Grund zu gehen und statteten dem AStA einen Besuch ab. Dort erfuhren sie, daß es sich bei der Presseerklärung nicht um ein schlechtes Fake, sondern um die schlechte Realität handelte.

Anlaß zu so viel Skepsis gab die Art und Weise, in welcher der AStA sich von der Aktion distanzierte, denn daß er es tun würde, daran bestand kein Zweifel. Zunächst kritisierten die beiden AStA-Chefs Peter Koch (B’90/Die Grünen) und Steffen Ehemann (Jusos) das Vorgehen „aufs Schärfste“ (ein Ausdruck, der im Polit-Jargon eigentlich für so etwas wie „Massaker an Zivilisten“ reserviert ist) und stellten eindeutig klar, wer hier eigentlich im „Namen der Studierenden“ sprechen darf. Die Börse solle das nicht mißverstehen, die Studierenden, die durch sie, den AStA-Vorstand, sprächen, bedankten sich „ausdrücklich“ für das tolle Geschenk.

Sie wollten jedoch nicht nur die Repräsentationsverhältnisse zurechtrücken, sondern die Aktion auch inhaltlich kritisieren. Das taten sie dann auch. Und wie. Messerscharf analysierten sie: „Wir verstehen diese Spende nicht als Einflußnahme der Wirtschaft auf die Inhalte der Universität, sondern als nette Geste.“ Auch die AktivistInnen hatten wohl kaum angenommen, daß „Einflußnahme“ gesellschaftlicher Interessengruppen auf öffentliche Institutionen ausgerechnet so aussieht, abgesehen einmal davon, daß das überhaupt nicht die Kritik war. Die „nette Geste“, eine symbolische politische Aktion seitens der Börse, erwiderte die AG „Schönen Dank auch“ eben mit einer weniger netten Geste. Das alles wäre vermutlich unbemerkt im Streikalltag untergegangen, wären da nicht die haarsträubenden Schlußworte, die dann folgen.

Die Demonstration, und das ist nun wirklich ein Skandal, war nämlich „ausschließlich politisch begründet“!! Nun wäre es ein Leichtes, sich darüber lustig zu machen, dies ausgerechnet von zwei Profi-Politikern gesagt zu bekommen – aber die beiden gehen anscheinend tatsächlich davon aus, daß sie „nur“ die Belange der Studierendenschaft, ganz sachlich selbstverständlich, vertreten, und daß das nichts mit Politik zu tun hat.

Im Streik war hier und da schon zu hören, die Diskussionen sollten doch bitte nicht so „ideologisch“ geführt werden. Gemeint waren dabei stets emanzipatorische oder auch nur kritische Inhalte, die „nichts mit dem Streik“ zu tun haben. So erging es etwa dem Redebeitrag des Frauenplenums auf einer VV, stellvertretend für die gröhlenden Massen kommentierte eine Kommilitonin: Dann könne man(n) ja gleich übers „Mensa-Essen“ reden.

Wer aber bestimmt nicht übers Mensa-Essen reden will, sondern zum Beispiel über „das kapitalistische System“, wie es die Herren Politiker ausdrückten, der bekommt es mit ihnen zu tun. Schon in geschichtsphilosophischer Hinsicht, so konstatieren sie, erweise sich die Aktion als Fehltritt, denn „derartige politische Ansichten sind überholt“. Aber nicht nur das – die Barbarei ist wieder im Anmarsch, die „Form des dargebrachten Protestes“ ist „einer zivilisierten Gesellschaft wie der unseren nicht würdig“ und, als hätten wir’s noch nicht kapiert, das Ganze sei „daher abzulehnen“.

Schönen Dank auch!