"Islamismus und Antisemitismus"

Veranstaltung mit der Autorin Claudia Dantschke (Zentrum Demokratische Kultur, Berlin)

Do., 17.07., 20 Uhr im Cafe Hohlblock, Geb. 1 der FH Frankfurt/Main am Nibelungenplatz 1

Ausgelöst durch die Anschläge vom 11. September 2001 wird der Begriff „Islamismus“ im allgemeinen Verständnis oft gleichbedeutend mit Terrorismus interpretiert. Terrorismus ist eine kämpferische Variante des Islamismus, Islamismus jedoch nicht auf den Terrorismus zu reduzieren. Trotz dieser im Alltag nicht selten anzutreffenden Verkürzung, lässt sich mit dem Begriff „Islamismus“ das Wesen der entsprechenden Bewegungen erfassen: Ideologisierung (-ismus) einer Religion (Islam) als gesellschaftliche Alternative für das 21. Jahrhundert, ihre Instrumentalisierung für politische und wirtschaftliche Interessen.

Der Islamismus bzw. politische Islam ist eine Ideologie, also das Konzept einer Gesellschaftsordnung, deren politische, wirtschaftliche, soziale, juristische, religiöse und kulturelle Grundlage der Islam bildet. Diese Gesellschaftsideologie wird von ihren Anhängern als Gegenentwurf zu den beiden großen Weltideologien Kapitalismus/ Imperialismus/ westliche Demokratie einerseits und Sozialismus/ Kommunismus andererseits verstanden.

Die von der Mehrheit gläubiger Muslime geteilte Auffassung, dass der Islam, die im Koran offenbarte Heilige Schrift, das Maß ihres gesamten Handelns sein muss, nutzen die Islamisten als Basis ihrer Ideologie. Am 5. Juni 2002 erschien in der türkisch-islamischen Zeitung Zaman ein Interview mit dem damaligen Vorsitzenden der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG), der größte Organisation des politischen Islam in Deutschland, Mehmet Sabri Erbakan. „Wir brauchen eine Parallelgesellschaft“, erklärte Erbakan in diesem Interview. Nach Auffassung von Milli Görüs sind das islamische Inseln, in denen das gesamte Leben auf der Grundlage der Religion von den Muslimen und für sie gestaltet wird. Die überwiegende Mehrheit der Gruppen, die in Deutschland dem politischen Islam zugeordnet werden können, möchten dieses Ziel ohne Gewaltanwendung erreichen, auch wenn sie Gewalt nach innen als Disziplinierung in Form von psychischem Druck oder physischer Bestrafung nicht gänzlich ausschließen. Vor diesem Hintergrund lassen sich die „legalistischen Islamisten“ auch ohne Scheu ein auf Demokratie und Parteien-System, als Vehikel zur Erlangung ihres Endzieles.

Eine sich auch im internationalen Kontext in der absoluten Minderheit befindende Anzahl islamistischer Gruppen propagiert dagegen die Gewalt in Form des bewaffneten Kampfes. Diese extremistische Minderheit innerhalb des islamistischen Spektrums ist gleichwohl eine hoch motivierte und gut organisierte.

Die Charakteristika des Islamismus sind Idealisierung der eigenen Tradition, eine anti-individualistische Homogenisierung nach Innen bei gleichzeitiger Abgrenzung nach Außen auf der Basis einer kulturalistischen Freund-Feind Polarität, Absolutheits- und Überlegenheitsanspruch und dadurch Abwertung des Anderen, Intoleranz, Uniformität und Totalitarismus auf Grund der geschlossenen Gesellschafts- und Staatsentwürfe. Ihre autoritäre Führungsrolle begründen die Ideologen des politisierten Islam mit ihrem absoluten Wahrheitsanspruch. Zur Legitimation ziehen sie entsprechende Koraninterpretationen heran oder auch aus dem Kontext gelöste Teile von Koran und Sunna, und sichern sich somit „göttliche“ Unfehlbarkeit, die keine Kritik und vor allem keine rationale Auseinandersetzung zulässt.

In islamistischer Lesart wird die Zugehörigkeit zur Gemeinschaft aller Muslime (Umma) zum allein identitätsstiftenden und damit verbindenden Element in Abgrenzung und Aufwertung zu allem „Nicht-Islamischen“. Zur Aufwertung der „Umma“ wird im islamistischen Freund-Feind-Stereotype die Dekadenz, die Ungerechtigkeit und schließlich der Niedergang des „Westens“ begründet mit der Säkularisierung und der staatlichen Verfasstheit auf der Grundlage materialistischer Weltanschauungen. Nach dem Niedergang des Sozialismus/Kommunismus ist nun das „islamische“ Gesellschaftsmodell die einzig verbliebene Alternative zum Weltimperialismus unter Führung der USA. Neben den USA und den Regimes in den Ländern mit mehrheitlich muslimischer Bevölkerung, sind es insbesondere „die Juden“, die in nahezu allen islamistischen Strömungen als Feindbild herhalten müssen. Der Antisemitismus ist ein wesentlicher Bestandteil des Islamismus.

Organisiert vom AK Kritische Theorie