So 20/06/04, 14h:

etwas besseres für die nation - deutscher pop an der front

Bis vor einem Jahrzehnt konnten unter Verweis auf reale Phänomene Debatten über den Zusammenhang von jugendlicher Subkultur und Dissidenz, Verweigerung, Systemkritik geführt werden, ohne allzu absurd zu erscheinen. Mehr und mehr diffundieren aber seitdem widerwärtig-reaktionäre Elemente in den als heile Welt gedachten Untergrund.

Der postmoderne Differenzkapitalismus löst ständig Identitäten auf und setzt sie neu zusammen. Symbole und Codes sind die Folie auf denen diese Identitäten projeziert werden und die sie selber ständig neu generieren. Da das flexibilisierte Subjekt die Kraft der Negation einbüßt, gewinnen Kategorien wie Dissidenz etc. neue Bedeutungsrahmen. Eine Trennung von Subkultur und Mainstream ist unter den Aspekten der stetigen Verwohlfeilerung der Distinktionsmittel kaum mehr aufrechtzuerhalten. Sie löst sich hin zu einer Transzendenz von Mainstream und sich subkulturell inszenierender Milieus auf.

Mittels der Warenform, immer schon Teil der Subkultur, werden dissidente Milieus marktförmig zugerichtet, ihre Codes enteignet und gegen sie gewendet.

Ausgehend vom Verhältnis Krise und Nationalismus lassen sich die nationalistischen Identitätsfindungsdebatten um ProtagonistInnen wie Jan Deelay oder die Band Mia bearbeiten, die in einen gesamtgesellschaftlichen Diskurs eingebettet sind. Hierbei ist erstens die Konstituierung einer flexibilisierten Subjektivität, sowie postmoderne Vergemeinschaftungspraktiken in einer globalisierten Welt entscheidend und zweitens die Veränderung kulturindustrieller Praxis hin zu einem transzendenzialen totalisierten Multimedia-Eventionalismus. Zentral stellt sich hierin die Frage, inwieweit die neueste deutsche Welle auf andere Debatten dieser Art zu beziehen ist, und welche Rolle den subalternen subkulturellen Milieus beizumessen ist in denen sich die ProtagonistInnen wie Mia selbst verortet sehen.

Denn: KünstlerInnen verarbeiten in ihren Texten, sofern es sich nicht um übergeordnete Kategorien wie Liebe etc. handelt, die jeweiligen Debatten der Milieus oder Szenen, in denen sie sich selbst verorten. Daher ist besonders auf die Rezeption den Linken in ihren Medien zu achten, in denen sich lediglich an Mia abgearbeitet wurde. Es stellt sich dann die Frage ob der Lifestyle-Nationalismus lediglich eine Marketingstrategie innerhalb veränderter Kulturindustrie darstellt oder vermischt er sich mit gesamtgesellschaftlichen Diskursen zu einem deutschen Bewußtseinsloop.

veranstaltet von sinistra!