Für möglicherweise beleidigte Konzern-Juristen: Dies ist eine Satire!
Die Sache mit den Lizenzen...
Eigentlich würde ich eine Gesellschaft bevorzugen, in der es solch
absurde Dinge wie Patente, Lizenzen und Gebühren gar nicht gibt. Dummerweise
kann man den Gesellschaftsvertrag, in den man hineingeboren wird, nicht
wählen. Also sehe auch ich mich zu meinem Tribut an den real existierenden
kapitalistisch-demokratischen Totalitarismus genötigt und mich auch
noch darum zu kümmern - denn immerhin grassiert in der akademischen
Computerlinguistik das Lizenz-Gebührenfieber.
Apropos: Wo bleibt das Anti-Virus-Programm, das zuverlässig
den bösartigen "expiration date virus" entfernt?
Präambel
Die Inform-Lizenz
Die AT&T finite state
compiler license
Die GNU general public license
Die GNU library general public
license
Meine Inform-Übersetzungs-Lizenz
Präambel
Zur Klärung des Stellenwerts folgender Erklärungen erschien mir
diese Präambel notwendig: Lizenzen sind eine juristische Angelegenheit
und damit gelten die realen rechtsstaatlichen Bedingungen moderner kapialistisch-totalitärer
Demokratien. In der interaktiven Belletristik ist wenig Geld involviert,
d.h. die AutorInnen sind keine grossen transnationalen Konzerne. Damit
sind sämtliche Lizenzverträge automatisch einseitig zuungunsten
der AutorInnen ausgelegt: die Ressourcen, um einen Lizenzverletzungsprozess
durchzuführen - v.a. Anwalts- und Gerichtskosten - sind ganz einfach
nicht vorhanden. Andererseits sind bei Konzernen die Ressourcen vorhanden,
jede Lizenz juristisch erfolgreich so umzuinterpretieren, dass eventuelle
Ansprüche der AutorIn immer und automatisch ungültig sind.
Damit distanziere ich mich ausdrücklich und in jeder Form von
allfälligen Verdächtigungen, ich sei plötzlich doch ins
Lager der staatsgläubigen Juristen übergelaufen...
Die Inform-Lizenz
Die deutsche Übersetzung des Inform hängt vollständig am
Inform selbst. Damit hat Graham Nelson jederzeit das Recht, seine Lizenzbedingungen
zu ändern - er könnte von heute auf morgen horrende Lizenzgebühren
verlangen oder die Publikation ganz zurückziehen. Alle, die in das
Inform-Projekt involviert sind, sind deshalb ohnehin auf Graham Nelsons
Konstanz in seiner Distributionspolitik angewiesen.
Graham Nelson erlaubt das kommerzielle Vertreiben von mittels Inform
geschriebenen Spielen. Dies hängt möglicherweise mit alteuropäischen
Rechtsvorstellungen zusammen, wonach man im Gegensatz zur den Vorstellungen
in den USA nicht einfach mittels ekligen Verträgen Künstlern
die Rechte an ihren geistigen Produkten stehlen darf. Folgendes Beispiel
mag als Veranschaulichung der Situation in diesem schrecklichen Lande dienen,
die AT&T-Lizenz:
Die AT&T finite state
compiler license
Dies ist die Lizenz, unter der AT&T ihren professionellen finite state
compiler vertreibt (eine v.a. in der Computerlinguistik angewendete quasi-Programmiersprache,
die auf einer einfacheren Maschine als der Turing-Maschine (=Computer)
basiert und deswegen von einem Computer sehr effizient abgearbeitet werden
kann).
Dieser Compiler kann gratis heruntergeladen werden, aber alles,
was damit geschrieben wurde und alles, was damit
kombiniert wurde (!) fällt automatisch unter das copyright von AT&T.
Das würde in einem alteuropäischem Kontext bedeuten, dass eine
Statue, die ein Bildhauer mit einem Meissel von AT&T gehauen hat, automatisch
AT&T gehört. Wird die Statue im Schloss Versailles für eine
Woche ausgestellt, ist das ganze Schloss mit allem drum und dran automatisch
Eigentum von AT&T. Klingt absurd, aber im Land der unbegrenzten Möglichkeiten
ist auf dem Gebiet der staatlich protegierten Softwarekriminalität
alles möglich.
Die GNU general public license
Das genaue Gegenteil der AT&T-Lizenz ist die GNU general public license.
Auch diese Lizenz hat infektiösen Charakter: jedes Programm, das Teile
verwendet, die unter der GNU general public license veröffentlicht
wurden, fällt automatisch als ganzes unter die GNU general public
license. Es gibt im Vertrag keine Kriterien, die ein Ausgrenzen anderer
Teile aus dem Vertrag gestatten würden. Damit kann ein GNU general
public license Programm nicht kombiniert werden mit einem Programm, das
nicht unter diese Lizenz fällt. Damit ist eine Publikation von Inform-Code
unter der GNU general public license unmöglich, da die GNU general
public license und die Inform-Lizenz sich in diesem Punkt widersprechen
und damit unvereinbar sind.
Die GNU general public license würde auch das Verkaufen von interaktiver
Belletristik verbieten.
Aus diesem Grund wurde die schwächere GNU library Lizenz erfunden.
Ralf Herrmann hat seine deutsche Inform-Übersetzung unter dieser Lizenz
veröffentlicht. Hier ist der infektiöse Charakter auf die Library
selbst beschränkt, d.h. das damit geschriebene Spiel fällt nicht
unter die Lizenz. Aber innerhalb der Library stellt sich dasselbe Problem:
Eine Publikation einer Übersetzung der Library von Graham Nelson unter
der GNU library general public license würde die GNU library general
public license automatisch auf die Originalversion ausdehnen, was mit Graham
Nelson's Lizenz kollidiert.
Was genau gilt, wenn Programmierer A ein paar Zeilen in sein nicht-GNU-library-Programm
aus einem GNU-library-Programm von Programmierer B kopiert, ist reine Interpretationssache
- damit gilt faktisch die Präambel.
Meine Inform-Übersetzungs-Lizenz
Da die Inform-Lizenz sowieso an Graham Nelson hängt, sehe ich keinen
Grund, meine Übersetzung als Ganzes unter der GNU library general
public license zu publizieren. Andererseits ist die Übersetzung von
Ralf Herrmann unter der GNU library general public license publiziert.
Des weiteren ist die GNU library general public license eine einfache Möglichkeit,
etwelche Garantieansprüche abzuweisen. Deshalb halte ich es folgendermassen:
-
An allen Programmen und Texten, die ich auf meiner Internet-Seite publiziere
und die ich geschrieben habe, habe ich das volle Urheberrecht, das volle
Nutzungsrecht und das volle US-copyright.
-
Das kopieren, anpassen, erweitern und Verändern der im Zusammenhang
mit Inform stehenden Programme und Texte ist ausdrücklich gestattet.
Wenn substantielle Teile der Library übernommen werden, bestehe ich
auf einem Hinweis auf meine Urheberschaft. Andere Programme und Texte,
die ich auf meiner Internet-Seite publiziere, die aber nicht direkt im
Zusammenhang mit Inform stehen, sind davon nicht betroffen.
-
Im Falle von Ansprüchen gegen mich - Garantie, Sachbeschädigungen
etc. - gilt im Fall eines Dissens die GNU library general
public license.
-
Im Falle von Ansprüchen meinerseits gegen andere - z.B. wenn ich wegen
einer organischen Hirnschädigung oder dergleichen plötzlich wie
AT&T werde - gilt im Fall eines Dissens die GNU
library general public license.
-
In allen anderen Fällen gilt das Recht der Ehre und des Vertrauens.
-
Abweichungen von diesem Vertrag müssen mit mir direkt ausgehandelt
werden.
Toni Arnold, 28.1.99, tarnold@copyriot.com