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#31 .. 09-11-06 UNO-Trek. 40 Jahre Star Trek
#30 .. 19-10-06 Die Schlacht um Algier
#29 .. 31-08-06 The Sound Of New Orleans ein Jahr nach der Flut
#28 .. 20-07-06 Rumänien 1990 - Can the Revolution be televised?
#27 .. 23-04-06 OZ - Foucault im TV-Serienformat
#26 .. 18-02-06 Der Heilige Geist und St. Marx
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Rituelles Auflegen
Playlist und Kommetare
von Klaus Walter
Mark Stewart, Jerusalem
Johnny Cash, The Man Comes Around
Negative Land, Christianity is Stupid
Doppel: Ernst Busch, Solidaritätslied
Marc Ushmi & Reverend Galloway, What´s on my plate? Die Solidaritate
Cake, I will survive
Johnny Cash, The Man Comes Around
Im Unterschied zur katholischen Vorstellung von einem fürsorglichen und liebenden Gott, mit dem man kommunizieren,
ja verhandeln kann, setzt der Protestantismus mit der Vorstellung ein, dass Gott bar jedes Maßes sei, das er mit
dem Menschen gemein haben könnte, dass Gott ein unergründliches Jenseits sei, das Gnade in ganz und gar kontingenter
Weise walten lasse.
Spuren dieser vollkommenen Hinnahme der ebenso unbedingten wie launischen Autorität Gottes finden sich in
The Man Comes Around, dem Song, den Johnny Cash unmittelbar vor seinem Tod als letzten aufgenommen hat.
Einen Song, in dem sich die Ängste der Baptisten der amerikanischen Südstaaten in exemplarischer Weise artikulieren.
Der Song handelt von Armageddon, dem Ende der Tage, an dem Gott erscheinen und das Jüngste Gericht abhalten wird -
ein Ereignis, das als reiner und willkürlicher Terror dargestellt wird: Gott wird fast als das personifizierte Böse
dargestellt, als eine Art politischer Denunziant, ein Mann, der "kommt und die Runde macht" und Bestürzung hervorruft,
weil er "Namen aufnimmt" und entscheidet, wer zu den Geretteten und wer zu den Verlorenen gehören wird.
Die Schilderung von Cash erinnert an nichts mehr als an die wohlbekannte Szene, in der Menschen für ein brutales
Verhör in Reih und Glied stehen und der Denunziant auf jene deutet, die gefoltert werden sollen: Da gibt es keine
Gnade, keine Vergebung der Sünden, kein Jubilieren. Wir sind alle in unseren Rollen fixiert, die Gerechten bleiben
gerecht und die Schmutzigen bleiben schmutzig. In dieser göttlichen Verkündigung werden wir nicht einfach auf
gerechte Weise gerichtet; als ob wir von einer willkürlichen Entscheidung erführen. Wir werden von außen informiert,
ob wir Rechtschaffende oder Sünder waren, ob wir gerettet werden oder verdammt - diese Entscheidung hat nichts mit
unseren "inneren Werten" zu tun. Aber nochmals, dieser düstere Exzess rücksichtslosen göttlichen Sadismus' -
Exzess gemessen am Bild von einem strengen, aber gleichwohl gerechten Gott - ist ein notwendiges Negativum,
eine Kehrseite des Exzesses, den die christliche Liebe gegenüber dem jüdischen Gesetz darstellt: Liebe, die
das Gesetz suspendiert, wird notwendigerweise von willkürlicher Grausamkeit begleitet, die das Gesetz
ebenfalls außer Kraft setzt.
Auch dies ist ein Grund dafür, dass es falsch ist, dem jüdischen Gott der grausamen Gerechtigkeit als Alternative
den christlichen Gott der Liebe entgegenzustellen: Exzessive Grausamkeit ist die notwendige Kehrseite der christlichen
Liebe, und nochmals, die Beziehung zwischen diesen beiden ist eine parallaktische: Es gibt keinen "substanziellen"
Unterschied zwischen dem Gott der Liebe und dem Gott der exzessiv-willkürlichen Grausamkeit; es ist ein und derselbe
Gott, der nur aufgrund einer Verschiebung unsere Perspektive in verschiedenem Licht erscheint.
Doppel: Ernst Busch, Solidaritätslied
Marc Ushmi & Reverend Galloway, What´s on my plate? Die Solidaritate
Das war Mein Kopf verlor ein Dach - Marc Ushmi and Reverend Galloway on Ernst Busch
... eine der bemerkenswerteren Ideen ... Stephen Galloway - Star des Frankfurter Balletts, eigentlich,
aber auch ein Stern des Frankfurter Nachtlebens. Mann für alle Fälle und Gelegenheiten, nennt sich neuerdings
Reverend Galloway ... ist also zum Prediger mutiert ...
Allerdings predigt er die Botschaft der gottlosen Kommunisten auf Mein Kopf verlor ein Dach. Ernst Busch,
Schauspieler und Sänger, und als solcher vor allem einer der populärsten Interpreten der Gedichte und Lieder
von Bert Brecht. Ein Mann und eine Kunst aus dem letzten Jahrhundert als der Kommunismus noch irgendwie den
Geist der Utopie geatmet hat ...
Auch schon paar Tage her ... auf den Spuren dieser Utopie ... nun, verirrt, verwirrt ... verfremdet allemal, Verfremdung
war Brecht ja immer wichtig ... das haben sie gründlich geschafft, Reverend Galloway und Marc Ushmi ... Marc Ushmi ist nun
kein chinesischer Parteigenosse, sondern wenn man den Namen erweitert kommt man auf Markus Schmickler ... Kölner
Elektroniker aus dem weiten Feld der Label Sonig und Karaoke Kalk ... What´s on my plate? Die Solidarität.
Cake, I will survive
Eine der nachhaltigsten Erfindungen der New Economy / Börsenboomer-Ära sind die sog. "After Work Parties". Analog
zur verinnerlichten Ideologie der Aufhebung der Trennung von Arbeit und Freizeit - also der ständigen Verfügbarkeit -
wurde hier die Zeitlogik des Verhältnisses von Arbeit und Freizeit neu definiert. "After work" war jetzt nicht
mehr 21 oder 22 Uhr, also nach der Arbeit heimgehen, essen, duschen, umziehen. Nein: After work war die
Fortsetzung der Arbeit mit anderen Mitteln - an einem Ort, der dafür prädestiniert ist: Die After Work
Party.
Dort wurden schon bei Tageslicht "Dance Classics" gespielt, der kleinste gemeinsame Nenner zum
möglichst (zeit-)ökonomisch funktionierenden recreaten (und fuck in the factory). Der schon per
Selbstdefinition unverwüstlichste aller Dance-classics ist I will survive in der Version von Gloria
Gaynor. Das wird von den gebeutelten Nu-Economists mantra-artig mitgegröhlt, als Selbstvergewisserung:
diese Hölle werde ich überstehen. Die Version von Cake lässt daran eher zweifeln.
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