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Chinesische Revolution und ML-Bewegung – Zur Aufarbeitung einer verdrängten Geschichte

Im Rahmen des SEMINARs (seit 2003) "Chinesische Revolution und ML-Bewegung – Zur Aufarbeitung einer verdrängten Geschichte" setzt THEORIE PRAXIS LOKAL seine Kombination aus einführender Darstellung und kritischer Lektüre-Aneignung wieder an einem Wochenende fort:

Fr 10.12. 2004, 20°°Uhr (im Hörsaal des IVI) ABENDVERANSTALTUNG: Ereignis- und Sozialgeschichte der Chinesischen "Kulturrevolution" (1966-76) – im Medium der '"Mao-Poster" und geheimdokumentarischen Fotografie.

Da wir diese als Ton-Bild-Show konzipierte Einführung im Sommerhalbjahr ausfallen liessen, weil sich die jahreszeitbedingten Lichtverhältnisse für die visuelle Darstellung im IVI als ungeeignet herausstellten, möchten wir sie in diesem Winterhalbjahr schleunigst nachholen. Bei dem anscheinend so "exotischen" oder gar "historisch obsoleten" Thema handelt es sich um die jüngere Geschichte mindestens eines Fünftels der Menschheit, die zutiefst prägend auf diesen Teil des modernen Weltproletariats wirkte und natürlich keineswegs ein Ende der Revolutionengeschichte darstellt (wie schon Hegel bemerkte: "Ich muss zugeben, dass alles weitergeht."). Kein Zweifel, in China wird es demnächst wieder mächtig krachen, und darauf möchten wir uns in diesem theoretischen Rahmen gefasst machen. Allerdings markiert die "Große Proletarische Kulturrevolution", dieses im Westen als das konzentrierte Spektakel der Mao-Ära wahrgenommene gigantische Drama eines "Großen Sprungs in den Kommunismus", ein traumatisches Ende verschiedener Illusionen über staatssozialistische und parteikommunistische Repräsentation und Transformation. Derartige Illusionen über einen "bürokratischen Weg zum Kommunismus" -- wie sich gegenwärtig bei den hektischen Bemühungen um "eine neue Linkspartei" in Europa wieder mal zeigt -- feiern fröhliche Urständ und scheinen unausrottbar, wo gesellschaftliche Radikalisierungsprozesse in eine schlechte Symbiose von "Kultur" und staatlich garantiertem "Kommunismus" einlaufen sollen. Die scheinbar -- von der Linken dort wie hier -- so restlos verdrängte bzw. von der herrschenden medialen Geschichtsdarstellung (TV-Serie von Winfried Scharlau, ARTE-Themenabend 2003) weiter entstellt wiederaufgenommene Inszenierung der chinesischen "Kulturrevolution", die schon in den 1960er und 70er Jahren maßgebliche Teile der westeuropäischen Linken faszinierte und auf einen mehr oder weniger offenen ML-Trip geraten liess, harrt nach wie vor einer revolutionären Kritik und ist deshalb -- als Wiederkehr des Verdrängten -- in den gegenwärtigen Radikalisierungsprozessen erneut aktuell.

THEORIE PRAXIS LOKAL versucht an diesem Abend 1. das Faktengerüst kursorisch zu vermitteln (-- "die zehn chaotischen Jahre" des modernen China gehören bis heute zum Konfusesten der Geschichte des 20.Jh. überhaupt), dabei 2. vor allem den sozialen Untergrund, die "Geheimgeschichte der Kulturrevolution" sichtbar zu machen, die bis heute in Ost und West auch in der linken Öffentlichkeit verdunkelt blieb, und 3. diese Skizze entlang visueller Beispiele (den jetzt vorliegenden populären Postern der Mao-und beginnenden Deng-Ära sowie gegenübergestellten inoffiziellen Fotodokumenten aus der GPKR, schliesslich auch einigen Beispielen für gegenwärtigen "Mao-Pop") deutend zu veranschaulichen, nicht zuletzt was die Körperbilder in der unablösbaren gender-Dimension der Konstruktion "totaler Revolution" betrifft.

 

Sa 11.12. 14°° LEKTÜREKURS (Fortsetzung): Mao Zedong "Reden in YenAn über Literatur und Kunst" (1942) Teil 2 (Texte werden gestellt; SeiteneinsteigerInnen welcome).

Die insbesondere für die "Große Proletarische Kulturrevolution" prägenden Topoi vom "Volk", den Intellektuellen und KünstlerInnen und ihrer "Umformung" in der permanenten Revolutionierung der "Klassenkultur" werden an ihrer ideologischen Quelle im chinesisch-kommunistischen Gesellschaftsmodell "YenAn" (nordchinesisches Basisgebiet für den Widerstandkrieg gegen die Okkupation durch den japanischen faschistischen Imperialismus während des Zweiten Weltkriegs, ein "revolutionäres Stützpunktgebiet", das aus dem legendären "Langen Marsch" der chinesischen Revolutionärinnen hervorgegangen war und viele kulturell avancierte Linke aus Shanghai und dem urbanen China aufnahm) überprüft. Im ersten Teil des Lektüreseminars haben wir die Diskussion aufgenommen über die sozialen und kulturellen Triebkräfte der chinesischen Revolution (die äusserst inkohärente Klassenzusammensetzung der chinesischen Gesellschaft) sowie über die frappierende nachhaltige Wirkung ihrer Ideologie bis in die westliche ML-Bewegung und linksradikalen Schemata ("Klassen","Volk", "Individualismus", gesellschaftliche Rolle des Ästhetischen usw.) hinein.