D
Vorschlag für ein gerechtes Reformmodell zur Vermeidung von Einkommensarmut

 

1. Normative Fundierung nach C

Um die bürgerlichen Ideale Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit zu verwirklichen, müssen Grundlagen für ihre Wirksamkeit geschaffen werden. Formale Freiheit (Selbsteigentum, freie Lebensplanung etc.) und Gleichheit vor dem Gesetz machen nur einen Teil eines liberalen, gerechten Gesellschaftsmodells aus. Brüderlichkeit als Solidarität fordert Unterstützung dort, wo nicht gleichermaßen von einer freien Gesellschaftsordnung profitiert werden kann.

Gerechtigkeit als gerechte Güterproduktion und —verteilung muß mindestens die unverschuldeten ungleichen Fähigkeiten der Menschen, Freiheit, Gleichheit und Wohlstand zu erlangen, berücksichtigen. Dazu gehört die unbedingte Ausstattung mit Grundgütern und die zusätzliche Unterstützung mit Gütern dort, wo die Normalität kein Maßstab für Lebensqualität ist. Das Recht auf Selbsteigentum und die Brüderlichkeit scheinen in gewisser Hinsicht unvereinbar. Wo das eine Prinzip das unveräußerbare Eigentum am eigenen Körper und der eigenen Person sowie auf die Früchte aller Produkte der Eigenleistung fordert, fordert das andere Veräußerung und Teilhabe aller an allem und stellt in Frage, ob es überhaupt ein Recht auf die Früchte der ‚eigenen‘ Arbeit geben kann.

Das Income-Outcome Problem zeigt, daß gleiche Ausstattung ex ante nicht allein die wirksame Umsetzung von Gerechtigkeitsidealen sein kann, während die gleiche Ausstattung ex post relevante von irrelevanten Ungleichheiten trennen muß, und so Gefahr läuft, zu diskriminieren. Der Income-Outcome Vorschlag, der im vorigen Teil erarbeitet wurde, ist zwar holzschnittartig, er erfüllt aber in Grundzügen alle Gerechtigkeitsprinzipien und ist schon stark auf die materielle Grundsicherung zugeschnitten. Er beinhaltet Rawls‘ Grundgütervorstellung, Dworkins Ressourcengleichheit, Sens Angleichung der Grundfähigkeiten und Grundbedürfnisse und van Parijs‘ Modell des UBIs.

Allein das Selbsteigentum könnte nur dann gänzlich unverletzt bleiben, wenn versucht würde, alle Eigenleistung unveräußerbar zu machen, solange sie nicht vom naheliegendsten Urheber intendiert ist. Eine solche Vorstellung aber hat sich aber als kaum haltbar erwiesen. Auch die Produktions- und Aneignungsgerechtigkeit wird im hier vorgestellten Lösungsvorschlag nur indirekt berücksichtigt, da ein Grundeinkommen lediglich gewisse Befreiung von Lohnarbeit schafft, während sie die Unternehmer zwingt, Arbeit attraktiver zu machen.

 

2. Hinreichend genaue Ausgestaltung nach B

 

Der Teil B hat einige wichtige Fragen offen gelassen. Vor allem blieb einmal unklar, wie eine soziale Grundsicherung überhaupt vernünftig gerechtfertigt werden kann. Dazu sind teilweise Antworten gefunden worden. Auch war nicht klar, welche Höhe eine Grundsicherung minimal und maximal haben sollte. Auch darauf konnten Antworten gefunden werden: sie sollte mindestens so hoch sein, daß Armutsfreiheit (bzw. Grundbedürfnisse) für alle unbedingt garantiert ist/(sind), und maximal so hoch, daß ein Maximum an Freiheit (bzw. die Befriedigung aller Bedürfnisse) vor dem Hintergrund des Rechts auf Selbsteigentum und politischem Teilhaberechte für alle erreicht wird. Unklar bleibt die detaillierte Ausformulierung dieser Grundannahmen und nach welchen Regeln diese erfolgen sollte.

Deshalb werden Hausers und Kaltenborns Vorschläge noch einmal aufgenommen, mit aus Teil C gewonnenen Kriterien angereichert und in drei Kategorien geordnet: 1. Unverzichtbar; 2. Wünschenswert; 3. Bedenkenswert. Das ideale Modell könnte beispielsweise alle Kriterien aus (1) und mindestens eines aus (2) erfüllen. Ein akzeptables Modell erfüllt mindestens ein Kriterium aus (1) und mehrere aus (2) und (3). Ein inakzeptables Modell erfüllt kein Kriterium aus (1) und nicht alle aus (2).

 

 

Allein ein Modell mit einer UBI Komponente kann die meisten der Elemente aus der 1. Kategorie erfüllen, während ein stärker individualisiertes und bedingtes, d.h. auf die Leistung ex post konzentriertes System (NIT, bedarfsorientierte Grundsicherung) zwar mehr Bedingungen der 2. und 3. Kategorie erfüllen kann, bezüglich der bedingungslosen Erfüllung der Grundrechte auf diskriminierungslose Maximierung individueller Freiheit und Befriedigung der Grundbedürfnisse aber unzureichend ist. Es wäre trotzdem zu bedenken, ob nicht ein Kombinationsmodell die meisten Bedingungen aus 1 — 3 erfüllen könnte, gerade weil ein hohes UBI Probleme bei der Finanzierung und der Berücksichtigung individueller Ungleichheiten bereiten kann. Ein Konzept, das gegenüber allen Bedingungen gleichermaßen widerspruchsfrei bleibt, erscheint unerreichbar.

Die Grundsicherungsreform, die angebracht erscheint, würde neben dem großen Anteil an pauschalierten Leistungen (z.T. ex ante) und den individualisierten Leistungen ex post die Leistungen im Rahmen der Hilfe in besonderen Lebenslagen beibehalten, während andere Leistungen z.T. ersetzt werden könnten. Die Reform der HBL kann in diesem Zusammenhang nicht behandelt werden.

Der 1. Vorschlag würde auf ein volles UBI zur Vermeidung von Einkommensarmut hinauslaufen. Das UBI sollte alle im Inland lebenden Personen mindestens über 50% Nettodurchschnittseinkommensgrenze bringen. Zugleich könnten die korrigierten Bedarfssätze der HLU als Orientierung für die Höhe des UBIs herangezogen werden (siehe Teil B). Auf dieser Grundlage wird ein UBI im Rahmen von DM 1100,- bis 1300,- monatlich vorgeschlagen, welches jährlich an die Einkommensentwicklung angepaßt werden sollte. Der Einfachheit halber sollte mit einem Betrag von DM 1200,- operiert werden, der alle Leistungen (incl. Wohnkosten) abdeckt. Dieser Betrag liegt etwas oberhalb der gegenwärtigen Leistungen der HLU, unterhalb der Forderungen der BAG/SHI und im Umfang der Leistungen für Bedürftige nach den Modellen der Grünen und der PDS. Der Betrag von DM 1200,- wird allen Personen jeden Alters individuell im Voraus ausbezahlt. Da dieser Betrag nicht bedarfsorientiert ist, wird er an Kinder in gleicher Höhe ausbezahlt. Es wäre zu bedenken, ob der Betrag bis zum 16. oder 18. Lebensjahr komplett an die Erziehungsberechtigten geht (die i.d.R. für den Unteralt des Kindes sorgen), ob der Betrag auf ein treuhänderisch verwaltetes Konto eingezahlt wird (was den Unterhalt von Kindern verteuern würde), oder ob es eine 50/50 Regelung geben sollte. Letztere scheint die überzeugendste, wenn auch vielleicht aufwendigste Lösung zu sein. Alle Einnahmen, die über das UBI hinausgehen, unterliegen der Steuer und Abgabenpflicht. Für alle, die keine steuer- und abgabenpflichtigen Einkommen haben, könnte der Staat die Beiträge zur Kranken-, Unfall- und Pflegeversicherung übernehmen. Dieses Verfahren würde nach eigenen Schätzungen zu Mehrausgaben im Bereich von DM 5 — 10 Mrd./anno führen. Es kann im Rahmen der Einführung überlegt werden, ob die Einkommens-, Vermögens- und Konsumbesteuerung insgesamt dem UBI angepaßt und (i.S. der Verfechter der NIT) vereinfacht wird. Auf jeden Fall können durch das UBI verwandte Leistungen ersetzt werden. Dazu zählen i.e.S. die HLU, die Arbeitslosenhilfe, das Erziehungsgeld, das BAföG, das Kindergeld und das Wohngeld. Im weiteren Verlauf könnten auch die Leistungen der Arbeitslosen- und Rentenversicherung reduziert werden, da sie sonst zu einem Doppelbezug von Leistungen führen würden, der ArbeitsplatznutzerInnen gegenüber Arbeitslosen bevorzugt (siehe van Parijs). So könnte die Gesamtbesteuerung erheblich gesenkt werden. Das UBI wird durch eine gesonderte, transparente Abgabe finanziert, die auf Einkommen, Vermögen, Unternehmens- und Kapitalgewinne erhoben wird. Im Sinne von van Parijs werden Erbschaften und Schenkungen stärker als bisher besteuert. Zusätzlich zur Reduzierung der öffentlichen Rentenleistungen, die offensichtlich so nicht mehr lange aufrecht erhalten werden kann, wäre eine schon oft geforderte Besteuerung der Rente mit einem noch zu bestimmenden einheitlichen, niedrigen Steuersatz zu überlegen. Trotz aller Einsparungen scheint eine Erhöhung der Gesamtsteuerlast für den Luxus eines UBIs unausweichlich.

Ein zweiter Vorschlag besteht in einer Kombinationslösung aus einem partial basic income (PBI) und einer bedarfsorientierten Grundsicherung. Das PBI liegt im Rahmen der bisherigen Regelsätze, die Leistung nach diesen wird abgeschafft und durch ein einheitliches PBI in Höhe von DM 600,- ersetzt. Als Grenze für Einkommenssteuerfreiheit wird ein Betrag von umgerechnet DM 1200,- monatl. festgelegt. Da das Modell den Anspruch hat, Armutsfreiheit durchzusetzen, sollte sichergestellt werden, daß alle Personen mit ihrem Einkommen oberhalb dieses einkommensteuerfreien Existenzminimums liegen. Deshalb können alle Personen mit geringem Einkommen auf Antrag Zusatzleistungen zu ihren Einkommen und Vermögen (incl. UBI) anfordern, wenn faktisch keine anderen Leistungen in Anspruch genommen werden, die das Einkommen über die Armutsgrenze heben. Diese Leistungen beinhalten die warmen Wohnkosten bis zu einer Überschreitung des Sockelbetrags von 20% sowie Mehrbedarfszuschläge und Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung . Die Gesamttransferleistung würde demnach maximal in einer Höhe von DM 1350,- bis 1450,- liegen. Dieses Modell sollte ohne starke Erhöhung der Gesamtsteuerlast finanziert werden, aber nur die o.g. Leistungen i.e.S. ersetzen. Die Finanzierung beider Modelle obliegt dem Bund.

 

2.1 Berechnung des finanziellen Aufwandes

Zum 1. Vorschlag

Eine einfache Überlegung ginge vom status quo aus und würde versuchen, ein UBI aus dem Durchschnittsbruttoeinkommen ceteris paribus zu berechnen. Rechnet man das Volkseinkommen auf einen Einpersonenhaushalt herunter, so ergäbe sich für die letzten Jahre ein Durchschnittsbruttoeinkommen von monatlich etwa DM 2800,-. Würde auf das Bruttoeinkommen eine gesonderte UBI-Abgabe erhoben, so müßte sie 43% (gleichmäßig auf alle Einkommen, Einkommensteuerfreibetrag nicht berücksichtigt) betragen, um ein UBI in Höhe von DM 1200,- monatl. zu finanzieren. Addiert zu der bestehenden Abgabenlast würde die Gesamtbesteuerung der Einkommen dann über 80% liegen. Würde das UBI allein aus der Bruttolohn- und Gehaltssumme für alle finanziert, so müßte die Besteuerung bei 77% plus 40% liegen. Diese Größe kann nur reduziert werden, wenn erstens die Leistungen gestrichen werden, die durch das UBI ersetzt werden können, und wenn weitere Steuern erhoben bzw. angehoben werden. Trotz der Finanzierung des UBIs nicht allein aus der Einkommensteuer, sondern auch aus Erbschafts- Schenkungs- und Vermögenssteuer, sowie die Überlegung Unternehmens- und Kapitalgewinne miteinzubeziehen und Renten zu besteuern, ist nicht davon auszugehen, daß die UBI-Abgabe ohne die Reduzierung der Abgaben zur Renten- und Arbeitslosenversicherung drastisch genug gesenkt werden kann. Es wird folgende Berechnung vorgeschlagen (ohne Rentenbesteuerung):

Ausgaben für die soziale Sicherung incl. UBI: DM 2230 Mrd. (1050 + 1180). Davon lassen sich folgende Kosten abziehen (in DM): Einsparungen aus der Rente 360 Mrd., Einsparungen aus den UBI-verwandten Leistungen 100 Mrd. (Kosten der sozialen Sicherung dann 530 Mrd.), Einnahmen aus Besteuerung des UBIs oberhalb des Existenzminimumsfreibetrag 250 — 350 Mrd. (UBI dann 880 Mrd.) — Kosten insg. ca. 1450 Mrd. Daraus folgt ein zusätzlicher finanzieller Aufwand von DM 310 — 410 Mrd./anno (Steigerung der Kosten um ca. 35%). Bei der Reduzierung des UBIs für Kinder um die Hälfte (was oft vorgeschlagen wird) betrüge der Aufwand 220 — 320 Mrd. Würde man diese Mehrkosten allein aus Lohn- u. Einkommensteuern sowie aus den Abgaben der Arbeitgeber und -nehmer finanzieren wollen, so müßte die Abgabenlast auf durchschnittlich 53% der Bruttoeinkommen steigen (im günstigsten Fall — Kinder x 0,5 — bei 46%). Bei konstanten Steuer- und Abgabesätzen würde das bedeuten: Sozialabgaben 15% (510 Mrd.), UBI-Abgabe 30% (405 Mrd. Unselbständige + 240 Mrd. aus Unternehmertätigkeit), Lohn- u. Einkommensteuer 8% (ca. 130 Mrd.). Die verbleibenden rund 160 Mrd. müßten durch eine Erhöhung der Umsatz-, Kapitalertrags-, Gewerbesteuer etc. finanziert werden (siehe Vorschläge weiter oben).

Neben dem Finanzierungsaufwand und der Umlegung dieser Last über Steuern auf die BürgerInnen ist zu beachten, welcher Anteil der Bevölkerung einen unmittelbaren oder mittelbaren Vorteil von einer solchermaßen hohen Steuerlast hätte. Ein mittelbarer Vorteil ergibt sich aus der allgemeinen Garantieleistung eines sicheren Minimaleinkommens. Trotzdem nimmt dieser Sicherheitsaspekt in Bevölkerungsschichten mit hohem Einkommen und Vermögen immer mehr ab, da hier ein solches UBI kaum einen Sicherheitszuwachs bedeutete. Dennoch würde ein UBI ein Mehr an Sicherheit für den Großteil der Bevölkerung in Deutschland bedeuten.

Anders sieht es bei den unmittelbaren Vorteilen aus. Ein rein finanzieller Vorteil ergibt sich nur für diejenigen Personen, die ein Bruttoeinkommen unterhalb des momentanen Durchschnittseinkommens oder etwas darüber haben, also knapp der Hälfte der Einkommensteuerpflichtigen. Die andere Hälfte hätte von der Einführung einen unmittelbaren finanziellen Nachteil. Noch einmal rund 5% hätten weder einen nennenswerten finanziellen Vorteil, noch einen Nachteil von der Einführung eines UBIs in dieser Größenordnung.

Zum 2. Vorschlag

Das zweite Modell wäre etwas einfacher finanzierbar, hätte mit einem radikalen UBI allerdings nicht mehr viel zu tun. Zusätzlich ist zu beachten, daß bei dem zweiten Modell die meisten bisherigen Leistungen erhalten bleiben, so daß die Einsparmöglichkeiten geringer sind (insg. nur 150 — 500 Mrd. gegenüber 770 — 960 Mrd.). im günstigsten Fall (Kinder x 0,5 und Rentenreform) ergibt sich für dieses Modell ein Mehraufwand von DM 95 Mrd., im ungünstigsten Fall einer in Höhe von 440 Mrd. (Kinder x 1, ohne Rentenreform). Die durchschnittliche Abgabenlast würde so auch auf 43,5% steigen.

Abschließend ist zur Finanzierung festzustellen, daß sich die Finanzierungsprobleme eines UBIs bestätigt haben, es aber nicht unmöglich ist, dieses einzuführen. Entgegen den Annahmen von Atkinson und Hauser scheint ein PBI nicht viel kostengünstiger als ein UBI zu sein.

 

3. Überprüfung der Modelle nach Anforderungen aus A, B und C

Als umfassende langfristige Armutsbekämpfung müßte das Grundsicherungssystem so gestaltet werden, daß es allen BürgerInnen einen Lebensstandard oberhalb der relativen Armutsgrenze liefert. Steigt das Gesamtdurchschnittseinkommen, so steigt auch die Armutsgrenze. So ist vielleicht entscheidender, ob bezüglich der Einkommensarmut (wie auch Sen bemerkt) ein möglichst starkes Anheben der Einkommen im Niedrigeinkommensbereich und eine starke Annäherung an den durchschnittlichen Lebensstandard für alle gewährleistet sein sollte. Ein bedingungsloses Grundeinkommen erscheint besonders dann geeignet, wenn ein ausreichendes Einkommen nicht mehr über die Standardeinkommensquellen für alle garantiert werden kann. Zwar könnte auch selektiver bei der Anhebung von Niedrigeinkommen vorgegangen werden, dann allerdings ist die Ausgrenzung über Sonderbehandlung der ‚Erwerbseinkommensunfähigen‘ vorprogrammiert. Ganz offensichtlich orientieren sich die hier vorgestellten beiden Modelle stark an der Pauschalisierung und unbedingten Leistungsgewährung, um das Recht auf Einkommensarmutsfreiheit für alle direkt geltend zu machen, und ein Maximum an Freiheit durch Selbstbestimmung und Diskriminierungslosigkeit zu garantieren. Es wird aber deutlich, daß die strenge Durchführung dieses Programms zu Lasten der Finanzierbarkeit geht.

Zusätzlich sollten Leistungen, die stärker Rücksicht auf individuelle Unterschiede bei der Fähigkeit, Grundbedürfnisse zu befriedigen, nehmen, erhalten bleiben, um allen bei der Erlangung von realer individueller Freiheit zu helfen, zu der monetäre Hilfeleistungen oft allein nicht fähig sind. Das gilt für Behinderungen und chronische Krankheiten aber auch für niedrige Bildungsniveaus. Wer keine Wissen von seinen Bedürfnissen und Möglichkeiten hat, der wird viel weniger reale Optionen haben und braucht das Handwerkszeug, um Geld in die Wahrnehmung sich bietender Optionen umsetzen zu können. Staatliche Leistungen in besonderen Diensten für Benachteiligte sind somit durch Geldleistungen nicht gänzlich ersetzbar. Freiheit von Einkommensarmut bedeutet noch nicht individuelle Freiheit von Benachteiligung und Mangel. Eine hier nicht berücksichtigte Reform der Aufgaben der Sozialämter und der HBL in Richtung auf eine aktive Unterstützung der Benachteiligten und eine Mobilisierung derer Fähigkeiten scheint in diesem Zusammenhang zusätzlich angebracht.

Einen Königsweg zwischen Armutsvermeidung und Gerechtigkeit gibt es ebenso wenig wie einen zwischen (ökonomischer) Effizienz und Normativität. Freiheit, Gleichheit und Sicherheit in einem Modell umzusetzen, scheint unmöglich. Dennoch halte ich es für unausweichlich, auf der politischen Ebene die Vielzahl von Sicherungsmodellen, die sich an einem (zerfallenden) Normalarbeitsverhältnis (welches lange Grundlage der Normalitätsstandards war) orientieren, zu vereinfachen und stärker normativen Überlegungen aus dem philosophischen Diskurs zu unterziehen. Genauso wichtig ist es, die Politischen Philosophie stärker an die innergesellschaftlichen Debatten anzuknüpfen, um dort einen höheren Einfluß zu gewinnen.

 

Inhalt und Einleitung

A: Armut und Armutsforschung

B: Grundsicherungssysteme zur Bekämpfung von Einkommensarmut

C: Gerechtigkeit und soziale Grundsicherung

D: Vorschlag für ein gerechtes Reformmodell zur Vermeidung von Einkommensarmut

Literatur

download: alles als acrobat-reader pdf-datei